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Demokratie

Einheitspartei, Remigration und Tiefer Staat: Ein Wörterbuch rechtsextremer Begriffe

Einheitspartei, Remigration und Tiefer Staat: Ein Wörterbuch rechtsextremer Begriffe
Optisch geben sie sich harmloser, auch ihre Begriffe wählen sie mit bedacht. Doch hinter der Sprache der Rechtsextremen steckt dieselbe Ideologie.
Die Zeit der glatzköpfigen, Baseballschläger schwingenden Skinheads ist größtenteils vorbei. Die extreme Rechte hat sich längst ein freundlicher wirkendes Gesicht verpasst - weniger menschenfeindlich oder gefährlich ist sie deswegen nicht geworden. Was steckt hinter rechtsextremen Begriffen?

Bereits in den 1970er-Jahren hat die “Neue Rechte” begonnen, sich vom “harten” Nationalsozialismus zu distanzieren. Seit den Erfolgen rechtspopulistischer Parteien und der Fluchtbewegung von 2015 haben sie stark an Bekanntheit, Popularität und Einfluss gewonnen.

Ein wichtiges Werkzeug dafür ist ihre Sprache. Die Ausdrücke der extremen Rechten begegnen einem mittlerweile immer öfter in alltäglichen Diskussionen oder sozialen Medien. Denn: Die Begriffe wirken wissenschaftlich, harmlos, vielleicht leicht provokant. Sie verschleiern, was tatsächlich dahintersteckt: menschenfeindliche Konzepte.

Viele solcher Begriffe sind bereits etabliert und es entstehen laufend neue. Die extreme Rechte knüpft damit häufig an Themen an, die bereits breit diskutiert werden. So sollen auch die Ideen dahinter anschlussfähig und die Grenzen dessen verschoben werden, was gesagt werden kann. Das gelingt auch sehr häufig.

Damit du bei Diskussionen gewappnet bist und verstehen kannst, was sie wirklich bedeuten, haben wir ein kleines Wörterbuch der rechtsextremen Begriffe zusammengestellt. Wenn jemand diese Begriffe verwendet, solltest du hellhörig werden, welches Gedankengut diese Person verbreitet.

Asylindustrie

Der Begriff “Asylindustrie” hat ursprünglich auf tatsächliche Missstände hingewiesen. Denn die Notlage von Menschen auf der Suche nach Asyl wird immer wieder missbraucht. Sie gehören zu denen, die sich am wenigsten wehren können. So kommt es immer wieder vor, dass sie in katastrophalen Zuständen leben müssen, ausgebeutet und abgezockt werden.

Der Begriff “Asylindustrie” wurde von den Rechten aber schnell umgedeutet, die sich gegen Organisationen richtet, die diesen Menschen in Not helfen. Diese seien eine eigene, gut organisierte und vernetzte Industrie. Es gebe von diesen eine Verschwörung. Sie würde gut an Asylwerber:innen verdienen. Sie sorge deshalb dafür, dass Asylverfahren länger dauern und laufend weitere Menschen um Asyl ansuchen. So könne sich das System immer weiter bereichern. Die “Asylindustrie” habe auch Einfluss auf die Politik. Über sie zu reden, sei unerwünscht und sogar gefährlich.

Warum der Begriff gefährlich ist:

“Asylindustrie” bedient typische rechte Feindbilder. In der Betreuung von Asylwerber:innen finden sich vor allem linke Menschen. Diesen wird unterstellt, dass sie vor allem auf Profit aus seien und verantwortlich für → Überfremdung seien. Dass eine schwer greifbare und mysteriöse “Industrie” dahinterstecke, die auch die Politik beeinflusse, erinnert an klassisch antisemitische Verschwörungen. Gleichzeitig sagt der Begriff, dass Asylwerber:innen nur deswegen da seien, weil sie von diesen Menschen angelockt würden – und nicht, weil sie vor Krieg und Verfolgung fliehen müssen.

Einheitspartei

“Sind doch eh alle dieselben!” Diesen Eindruck von politischen Parteien teilen viele Menschen. Den Unmut nutzt die extreme Rechte aus – und stellt sich als Gegenprogramm dar.

Bereits 2018 teilt die AfD mit: “Altparteien verschmelzen zur Einheitspartei”. Sie seien zu feige, sich wirklich für ihre Meinung und ihr Land einzusetzen. Auch die FPÖ verwendet den Begriff mittlerweile immer häufiger. Der Vorwurf: Die etablierten Parteien würden alle dieselben Ziele verfolgen und arbeiten zusammen gegen den echten Willen der Menschen. Diesen vermeintlichen Block gelte es zu brechen.

Eine Aussendung der FPÖ zu einer Nationalratssitzung. Der Begriff "Einheitspartei" steht gleich im Titel

Die „Einheitspartei“ kämpft gegen die FPÖ, damit der „tiefe Staat“ nicht auffliegt. Die Sprach der FPÖ ist gespickt mit rechtsextremen Begriffen.

Tatsächlich sind die Unterschiede zwischen den Parteien sehr groß. Eine – wenn auch bröckelnde – Gemeinsamkeit und Unterscheidung haben die meisten aber tatsächlich zu rechtsextremen Parteien: sie sind demokratisch und gegen faschistische Strömungen.

Warum der Begriff gefährlich ist:

“Einheitspartei” wird mit autoritären Ländern verbunden, in denen es eigentlich keine Demokratie mehr gibt. Im deutschsprachigen Raum denkt man schnell an die “Sozialistische Einheitspartei Deutschlands”, die in der DDR praktisch alleine regierte.

Der Begriff leugnet, dass wir in einem demokratischen System leben, in dem unterschiedliche Parteien unterschiedliche Interessen vertreten, aber auch zusammenarbeiten können. Er schürt Misstrauen gegen die Demokratie und sieht uns auf dem Weg in die Diktatur. Und wer eine Diktatur befürchtet, will auch dagegen ankämpfen – wenn nötig mit Gewalt.

Ethnopluralismus/Multikulti

Der wissenschaftlich klingende Begriff Ethnopluralismus ist nicht viel mehr als Rassismus in neuem Gewand. Die Idee dahinter: Man argumentiert nicht mehr mit “Rassen”, dafür mit “Völkern” oder “Kulturen. Die seien dann “gut”, wenn sie möglichst einheitlich und wenig durchmischt sind. Deswegen müsse man “Multikulti” dringend vermeiden. Menschen müssen in ihren “eigenen” Kulturen bleiben. (Dort passen dann aber auch nur Leute dazu, die den völkischen Rassist:innen genehm sind.)

Das findet häufig Anschluss. Denn im Gegensatz zu “klassischem” Rassismus, stellt man bei Ethnopluralismus keine Gruppe über die andere – zumindest nicht offen. Jede Kultur habe ja ihren Platz, aber bitte getrennt voneinander. “Österreich den Österreichern” sei harmlos, weil man ja gleichzeitig “Syrien den Syrern” sage.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Auch wenn “Ethnopluralismus” so tut, als wäre er harmlos: Die Konsequenz ist Hass auf Menschen, die nicht ausschauen, reden oder handeln, wie sich Rechtsextreme das vorstellen. Denn die machen “das Volk” in ihrer Vorstellung schwach. Man müsse sie um jeden Preis loswerden. Die Forschung bezeichnet Ethnopluralismus deswegen auch als “Rassismus ohne Rassen”. Dabei ist kultureller Austausch die Grundlage jeder Gesellschaft – und nicht Isolation.

Festung Europa

Der Begriff “Festung Europa” hat eine lange Geschichte und wurde bereits vom NS-Regime verwendet. Seit den 90ern diente er vor allem linken Politiker:innen für Kritik an der Grenzpolitik der EU, die viele Todesopfer verursachte.

Von Rechten wurde “Festung Europa” hingegen als positives Bild verstanden. Besonders die rechtsextreme Identitäre Bewegung hat den Begriff in den vergangenen Jahren geprägt. Die “Festung Europa” soll demnach verhindern, dass “fremde” Menschen zu uns kommen. In ihrer Vorstellung findet ein “Ansturm” gegen Europa statt, den man abwehren muss. Am besten mit Mauern. Und wenn es nach der extremen Rechten geht, auch ganz offen mit Waffen.

“Festung Europa” ist einer der Begriffe, die es mittlerweile auch in den Sprachgebrauch von konservativen Parteien geschafft hat. So hat die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP 2015 gefordert, dass wir “an einer Festung Europa bauen” müssten.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Die “Festung Europa” hat schon einmal in Ruinen geendet. Und sie führt bereits jetzt zu menschlichen Katastrophen. Seit 1993 sind offiziell über 60.000 Menschen auf der Flucht nach Europa gestorben, inoffiziell dürften es noch viele mehr sein.

Die “Festung Europa” wird immer auch mit negativen Bildern von geflohenen Menschen verbunden. Sie seien “Invasoren” oder Teil einer “Welle”. Eine Festung ist schließlich zur Verteidigung da. Das entmenschlicht und stumpft ab. Sogar, dass Menschen von “Grenzschützer:innen” gefesselt und ins Meer geworfen werden, regt dann immer weniger auf.

Frühsexualisierung

Kinder dürfen nicht als sexuelle Objekte gesehen werden – darauf können sich alle einigen. Deswegen muss auch jeder gegen Frühsexualisierung sein, oder?

Mit “Frühsexualisierung” kämpft die extreme Rechte aber vor allem dagegen, dass Kinder etwas über Sexualität lernen. Sie richten sich damit vor allem gegen Aufklärungsunterricht. Aus ihrer Sicht sind Kinder im Volksschulalter unschuldig, rein und sollten gar nicht mit Sex in Berührung kommen. Eine unmoralische Linke wolle den Kindern diese Unschuld rauben und sie mit ihrer “Sexualpropaganda” verderben. So kann man sich zu Verteidiger:innen von Kindern erklären – auch, wenn man ihnen damit eigentlich schadet.

Denn Aufklärungsunterricht ist wichtig für die gesunde Entwicklung von Kindern. Sexualität spielt auch für sie eine Rolle, auch wenn sie sich anders äußert als bei Erwachsenen. Kinder lernen in altersgerechtem Aufklärungsunterricht deswegen auch nichts über Sexspielzeuge oder Stellungen. Sie erfahren vielmehr, was Sexualität ist und dass man sich dafür nicht schämen muss.

Besonders im Fokus von Rechtsextremen standen in den vergangenen Jahren auch Vorlesestunden von Dragqueens. Der Vorwurf der Frühsexualisierung steht hier immer in Verbindung mit der Unterstellung von Pädophilie. Dabei geht es dabei vor allem um Toleranz und dass „anders sein“ nichts Schlimmes ist.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Aufklärungsunterricht ist für Kinder aus mehreren Gründen wichtig: Einerseits dient es als Schutz gegen sexuellen Missbrauch. Kinder wissen oft nicht, welche Berührungen nicht in Ordnung sind und wie sie ihren Körper einschätzen sollen. Wer Aufklärung für Kinder verteufelt, fördert sexuellen Missbrauch und ein schambehaftetes Selbstbild. Ohne Aufklärung ist es für Kinder auch viel schwieriger zu wissen, wie sie mit Darstellung von Sexualität im Internet umgehen sollen.

Unter “Frühsexualisierung” fällt für die extreme Rechte andererseits auch die Aufklärung über Lebens- und Familienformen, die nicht in das Schema “Mutter-Vater-Kind” fallen. Sie kämpfen dagegen an, dass Kinder diese als ganz selbstverständlich wahrnehmen. Auch mit der Folge, dass Kinder aus LGBTIQ-Gruppen mit ihren Fragen, Gefühlen und Sorgen alleingelassen werden.

Gender-Wahn (Gender-Gaga, Gender-Ideologie, Genderismus)

Eine der erfolgreichsten Begriffe und Kämpfe der Neuen Rechten. Alles, was mit Gender zusammenhängt, wird negativ aufgeladen. Was genau damit gemeint ist, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Mal geht es gegen geschlechtergerechte Sprache (was zu absurden Sprachvorschriften führen kann), mal passt nicht, zu welchem Geschlecht sich Menschen zugehörig fühlen, dann ist man wieder gegen Gleichstellungspolitik.

Die extreme Rechte sieht in jeder “Gender-Debatte” eine Abkehr von westlichen Werten und ihrer erwünschten Lebensform: der “Kernfamilie” mit dem Vater als Ernährer und der Mutter als Hausfrau, die sie als “natürlich” ansieht. Was abweicht, ist unnatürlich – und demnach schädlich.

Mit ihren Kampfbegriffen hat die extreme Rechte in diesem Bereich großen Erfolg. Auch konservative Parteien sprechen mittlerweile von “Gender-Wahn” und fordern immer mehr Verbote. So manche sozialdemokratische Partei ist ebenfalls auf den Anti-Gender-Zug aufgesprungen.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Der Kampf gegen “Gender-Wahn” beginnt und endet nicht bei geschlechtergerechter Sprache. Wer alles negativ besetzt, was irgendwie mit Gender zusammenhängt, kann das beliebig weit ausdehnen: trans Menschen sollten nicht existieren dürfen. Förderungen oder gar Quoten für Frauen braucht es nicht. Gleichgeschlechtliche Paare? Bedrohen die Kernfamilie. So wird der Begriff zur Waffe gegen Gleichstellung, Kritiker:innen von ungerechten Verhältnissen und die Freiheit davon betroffener Gruppen.

Globalismus/Globalisten

Lange Zeit waren es vor allem Linke, die sich kritisch gegen die Globalisierung gerichtet haben. Die extreme Rechte ist mittlerweile aufgesprungen – mit ihrem eigenen Twist. Bei ihr wird Globalisierung zum “Globalismus”.

Das klingt ähnlich, ist aber überhaupt nicht dasselbe. Der “Globalismus” ist nicht mehr nur eine neue Wirtschaftsordnung, die unterschiedlich gestaltet werden kann. Er ist ein Verschwörungsmythos. Geheime Kräfte – die “Globalisten” – seien dafür verantwortlich, dass die “Völker” geschwächt werden. Der Globalismus werde gelenkt und bewusst dafür benutzt, Staaten zu zerstören.

Dazu sind ihnen in der Vorstellung von Rechtsextremen alle Mittel recht: “Globalisten” sollen gleichzeitig hinter der Corona-Pandemie (“Plandemie”) stecken und gezielt Migrationsströme ( → “Großer Austausch“) steuern. Sie wollen damit eine neue Weltordnung errichten (“New World Order”, kurz: NWO), in der eine Weltregierung ohne Gegenwehr über alle regiere.

Warum der Begriff gefährlich ist:

“Globalismus” ist ein alter antisemitischer Verschwörungsmythos, der neu verpackt wurde.

Die Verschwörungserzählung gründet auf einigen realen Problemen und findet deswegen leicht Anschluss. Er setzt sich aber nicht kritisch mit diesen Problemen auseinander, sondern benennt alle möglichen Menschen und Gruppen als Schuldige, die den Rechtsextremen nicht passen.

Dabei ist oft nicht einmal wichtig, ob sie tatsächlich Macht und Einfluss haben, oder nicht. Rechtsextreme Milliardäre können für sie unterdrückte Außenseiter sein, mittellose Künstler:innen in ihren Augen die Welt unterjochen. Rechtsextreme Regierungen können im “Widerstand” sein, ehrenamtliche NGOs hätten hingegen angeblich enorme Macht. Die vermeintlichen “Globalisten” seien eine globale Elite, die im Hintergrund die Fäden ziehen.

Die Geschichte kennt man bereits: Dieser Verschwörungsmythos ist praktisch gleichzusetzen mit den antisemitischen Verschwörungen, auf die auch der Nationalsozialismus aufgebaut hat. Der vermeintliche Plan zur Weltherrschaft des Judentums wurde schon 1903 in den “Protokollen der Weisen von Zion” beschrieben. Auch wer sich mit “Globalismus”-Erzählungen beschäftigt, stößt sehr bald auf ganz klare antisemitische Codes.

Großer Austausch (Great Reset, Bevölkerungsaustausch, Überfremdung)

Die Verschwörung vom “Großen Austausch” geht auf das 2011 erschienene Buch eines der Vorbilder der Neuen Rechten, Renaud Camus, zurück. Seitdem wurde sie zu einer der zentralen Erzählungen der extremen Rechte auf der ganzen Welt. Der Terror-Attentäter von Christchurch nannte sein Manifest etwa “Der große Austausch” (“The Great Replacement”), rechtspopulistische Parteien warnen sogar mit Countdowns vor der „Verdrängung“ der einheimischen Bevölkerung.

Der Erfolg der Erzählung liegt darin, dass sie viele Ängste miteinander verbindet. Der “Große Austausch” besagt: Eine Elite – die → “Globalisten” – sorge dafür, dass die Weiße Bevölkerung durch Menschen aus anderen Kulturen ausgetauscht werde. Sie soll Migrationsströme lenken und vielleicht sogar dafür sorgen, dass die Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung sinke – etwa, indem sie feministische Ideen unterstützen. Der “Große Austausch” ist dabei laut der Verschwörungserzählung längst in vollem Gange.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Die Erzählung des “Großen Austauschs” vereint nicht nur Ängste, sondern auch Feindbilder in einer kompakten Erzählung: Die bösen Eliten (wahlweise Juden und Jüdinnen, oft auch die Elite im eigenen Land) zerstören das gute “Volk” langsam mit ebenso bösen Menschen (meistens aus islamischen Ländern). Feministinnen sind daran ebenso schuld – sie kriegen nicht genug Kinder, um mit der Geburtenrate von Migrant:innen mitzuhalten.

Der “Große Austausch” schlägt viele Fliegen mit einer Klappe. Abschiebephantasien werden zur Notwendigkeit, Menschenrechte nebensächlich. Da der “Große Austausch” bereits stattfindet, muss man sich aktiv wehren. Das gibt sogar Gewalt und rechtem Terror einen legitimen Anstrich.

Klimahysterie

Die Klimakrise dient der extremen Rechten als Warnung – jedoch anders, als man erwarten würde. Der Begriff “Klimahysterie” wurde als Reaktion auf die großen Klimaproteste geprägt. Er verharmlost die Klimakrise, die Maßnahmen dagegen seien demnach völlig übertrieben.

Aber nicht nur das. Wie andere Begriffe hat auch dieser weitere Ebenen und vereint verschiedene Feindbilder. Einerseits sind das “Eliten” – die würden die Klimakrise als Vorwand verwenden, um die Bevölkerung mit Maßnahmen zu entmündigen. In diesem Zusammenhang fällt auch häufig der Begriff “Öko-Diktatur”. Andere würden nur Geld mit der “Klimalüge” verdienen wollen – ein Vorwurf, der aber über tatsächlich existierendes Greenwashing (sich einen grünen Anstrich zu geben, ohne nachhaltig zu handeln) weit hinausgeht. Er unterstellt nämlich gleichzeitig, dass wir eigentlich gar nichts tun müssen.

Auch der Zusatz “Hysterie” ist kein Zufall. Der Begriff hat eine frauenfeindliche Geschichte. “Hysterie” – abgeleitet vom griechischen Wort für Gebärmutter – wurde Frauen früher auch bei völlig gesunden Verhaltensweisen diagnostiziert. Viele der Vorkämpfer:innen der Klimabewegung sind junge Frauen. Sie wurden zum Feindbild der extremen Rechten. Einerseits spricht man ihnen ab, dass sie aus eigenem Antrieb handeln würden. So stünden Eltern, Organisationen oder unbekannte Mächte hinter ihrer Popularität. Andererseits stehen sie für eine “verdorbene” junge Generation an Frauen, die das Gegenteil von dem verkörpern, was sich die extreme Rechte von Frauen erwartet.

Warum der Begriff gefährlich ist:

“Klimahysterie” verharmlost eine Katastrophe, mit deren Bekämpfung wir schon jetzt viel zu langsam sind. Jede Maßnahme wird zu einer möglichen Verschwörung, mit der alte Feindbilder weiter transportiert werden. Da der Kampf gegen die Klimakrise nur mit Maßnahmen zu schaffen ist, die demokratisch sowohl von Bevölkerungen als auch “von oben” mitgetragen werden, kann die extreme Rechte weiter Misstrauen schüren. Dazu kommt noch der stark antifeministische Einschlag.

Meinungsdiktatur/Politische Korrektheit

“Nichts darf man mehr sagen!” Medien und Politik haben sich laut Rechten zusammengeschlossen, um eine Mauer des Sagbaren zu errichten. Sie schreiben den “normalen” Menschen damit vor, was man eigentlich aussprechen und denken dürfe.

Der Vorwurf der Meinungsdiktatur ist häufig eine Reaktion auf Kritik. Meinungsfreiheit wird dabei zum höchsten Gut erklärt, ihre Grenzen etwa bei bewussten Lügen, Belästigung oder Verhetzung als zu eng gesehen. So hat die FPÖ etwa eine Gesetzesvorlage für mehr Schutz gegen Hass im Netz als “massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit” und “Meinungsdiktatur” gewertet.

“Politische Korrektheit” ist in dieser Betrachtung ein Werkzeug zur Meinungsdiktatur. Man dürfe deswegen nicht einmal mehr offen aussprechen, was Sache ist. Wobei die “Sache”, für die gekämpft wird, meistens rassistische oder sexistische Untertöne hat. Wer gegen Politische Korrektheit ankämpft, steht gleichzeitig für die “normalen Menschen” ein, die man auf seiner Seite wähnt.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Sprache hat einen Einfluss auf das Denken und Handeln der Menschen – dessen ist sich die extreme Rechte sehr bewusst. Ihr Ziel ist es, die Grenze des Sagbaren immer weiter zu verschieben. So werden extreme Forderungen immer normaler, der Hass auf und die Abwertung von Menschen führen zu immer weniger Aufschrei. Mit “Meinungsdiktatur” kann man pauschal jede Grenze kritisieren und die eigenen Aussagen abschwächen: Es sei gar nicht so schlimm, was man gesagt habe – die Kritik daran sei das eigentliche Problem! Gleichzeitig bastelt man wieder am Gegensatz zwischen “denen da oben” und den “einfachen Menschen”.

Remigration

“Remigration” war der neue “Hit” der extremen Rechten. Eine Recherche der Plattform Correctiv hat Anfang des Jahres gezeigt, was dahintersteckt: die erzwungene Abschiebung von Menschen, die für die extreme Rechte nicht zum Ideal des “einheitlichen” Volks passen. Dabei ist es völlig egal, woher sie kommen und welche Staatsbürgerschaft sie haben. Es ist nichts weniger als eine Vorstufe zu ethnischer Säuberung.

“Remigration” ist keine neue Wortschöpfung. Es gibt den Begriff in der Wissenschaft. Die Neue Rechte hat ihn aber völlig umgedeutet. Ging es ursprünglich um die freiwillige Rückkehr von geflohenen Menschen in ihr Heimatland, wird jetzt eine Politik der Zwangsdeportationen damit bezeichnet.

Warum der Begriff gefährlich ist:

“Remigration” hat sehr genau vorgezeigt, was die Neue Rechte mit ihren Begriffen zu erreichen versucht. Ein wissenschaftlicher Ausdruck wird neu besetzt und als neutrales trojanisches Pferd in den allgemeinen Sprachgebrauch gebracht. Dabei spielen auch Medien und Politiker:innen eine große Rolle, weil sie solche Ausdrücke zu häufig unkritisch übernehmen.

Hinter „Remigration“ verbergen sich rechtsextreme Wunschträume: Menschen sollen aus einem Land vertrieben werden, weil sie eine völkische “Reinheit” verhindern. Weil das aber kaum deutlich ausgesprochen wird, kann man sich bei Kritik hinter dem Begriff verstecken. Und so tun, als würde man ja “nur” Abschiebungen damit meinen. Mit diesem Argument hat etwa die FPÖ Oberösterreich den Begriff weiterhin verteidigt:

Eine Überschrift von der FPÖ-Homepage: "Remigration - Notwendiges Konzept statt "Unwort des Jahres".

Screenshot von „fpoe-ooe.at“

Ohne der enthüllenden Recherche von Correctiv hätte die deutsche AfD den Begriff zum zentralen Wahlkampfthema für die EU-Wahlen gemacht. Und damit für weitere Normalisierung gesorgt.

Tiefer Staat/Deep State

Der “tiefe Staat” ist ein alter Verschwörungsmythos. Bereits im 18. Jahrhundert wurden Freimaurer beschuldigt, einen angeblichen “Staat im Staat” zu führen. Der Begriff “Deep State” wurde vor allem durch Donald Trump wieder populär. Mittlerweile verwenden ihn vermehrt rechte Parteien, um auf angebliche dunkle Netzwerke hinzuweisen.

Netzwerke mit unterschiedlichen Interessen existieren in jedem Staat und seiner Verwaltung. Und sie können wirklich problematisch sein. Mit der Behauptung eines “tiefen Staats” bekommen diese aber viel mehr Macht zugeschrieben, als sie in der Regel haben. Der Vorwurf: Ein geheimes Netzwerk an mächtigen Personen kontrolliere im Hintergrund, was passiert. Gegen die Interessen und ohne Einfluss der Öffentlichkeit. Dabei wird sogar als Teil dieser Verschwörung dargestellt, wenn in einer Demokratie geltende Gesetze und Normen eingehalten werden, weil Beamte sie nicht im Dienste einer rechtsextremen Politik brechen wollen.

Wer diese dunklen Netzwerke bildet, wird von Fall zu Fall angepasst. Meistens handelt es sich um Teile der → “Einheitspartei”. Es kann sich auch um Bereiche der Verwaltung handeln. Häufig sind es auch Minderheiten – etwa Juden – die so gegen den Willen der Mehrheitsbevölkerung vorgehen.

Warum der Begriff gefährlich ist:

Ähnlich wie “→Einheitspartei” schürt der “tiefe Staat” Misstrauen gegen das demokratische System. Egal, wer an der Macht sei – im Hintergrund würden sowieso immer dieselben Mächte kontrollieren, was eigentlich zu geschehen habe. Praktisch: Wer den “tiefen Staat” kritisiert, stellt sich selbst außerhalb dieses “Systems” und kann sich den Kampf dagegen auf die Fahnen heften.

 

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