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Kapitalismus
Demokratie

Günstige Freibad-Tickets für Swifties? Skandal! Der mangelnde Unternehmergeist der Agenda Austria

Günstige Freibad-Tickets für Swifties? Skandal! Der mangelnde Unternehmergeist der Agenda Austria
"Wien hat die Swifties umarmt", sagt Natascha Strobl. Das ist nicht nur nett, sondern auch gutes Krisenmarketing. Das scheint der neoliberale Thinktank Agenda Austria nicht zu verstehen. Foto: Christopher Glanzl
Man könnte sich für enttäuschte Swifties freuen, wenn sie zum Trost Vergünstigungen fürs Freibad, Museum oder im Kaffee kriegen. Oder man ärgert sich darüber. So wie der neoliberale Thinktank Agenda Austria. Dabei geht es aber um mehr als den Eintritt ins Freibad, analysiert Natascha Strobl.

Die Agenda Austria präsentiert sich als Thinktank der Wirtschaft. In ihrer Vorstellung sind Privatunternehmen innovativ und können schnell und effizient reagieren. Während der Staat schwerfällig und verschwenderisch ist. Plötzlich schaut die Agenda Austria aber sehr alt aus. Sie hat schnelles Krisenmarketing nicht verstanden.

Wien hat die Swifties umarmt

Die Konzerte von Taylor Swift sind in Wien wegen Terrorgefahr ausgefallen. Zehntausende Fans aus dem Ausland strandeten im emotionalen Ausnahmezustand in der Stadt. Jetzt gäbe es verschiedene Möglichkeiten darauf zu reagieren. Zum Beispiel mit warmen Worten oder gar nicht. Wien hat sich recht schnell für einen anderen Weg entschieden. 

Für drei Tage hat man die vorwiegend weiblichen und queeren Fans umarmt und ihnen ein paar Goodies angedeihen lassen. Zum Beispiel Gratiseintritt in die Museen oder gratis Kaffee oder Schokoherzen. Diese Aktionen sind aber nicht nur kleine, empathische Trostpflaster, sondern geschicktes Marketing.

Ultrakapitalistischer Think Tank versteht Tourismus nicht

Franz Schellhorn stieß vor allem auf die Ermäßigungen der Stadt selbst. Denn wie kommt der schwerreiche Chef des neoliberalen Thinktanks dazu, mit seinem Steuergeld einen Schwimmbadbesuch von ein paar traurigen Mädchen und Frauen zu subventionieren? Das ist für sich schon ziemlich unsympathisch und peinlich, übersieht aber darüber hinaus den eigentlichen kapitalistischen Zweck dieser Aktion. 

Für minimalen Aufwand hat sich Wien im besten Licht präsentiert und ist auf unzähligen TikToks, Instaposts, Tweets und Facebookposts um die Welt gegangen. Mit vielen Herzen und Tränen hat man sich organisch der Zielgruppen Generation Z – Millennial und in weiterer Folge deren Eltern und Freund:innen bekannt gemacht. Mehr noch: Man hat mitten in die vielleicht wichtigste Fangruppe der Welt hineingefunden. Das kann man alles lächerlich finden, dann hat man aber auch nicht viel Ahnung von Marketing und Tourismus. 

Vergünstigungen für Swifties: Minimaler Aufwand, maximale Reichweite

Von überernsten Leitern von Lobbyvereinen würde man annehmen, dass Befindlichkeit weniger zählt, als das beinharte unternehmerische Kalkül. Für Wientourismus ist die Werbung in Gold nicht aufzuwiegen, drei Tage vergünstigten Eintritt in ein Bad ist da finanziell kein Beinbruch. Wien hat für minimalen Einsatz organisches Influencer-Marketing bekommen, wie kaum eine andere Stadt im Zusammenhang mit einem der größten Popstars der Welt. 

Es wird eher zum Idealbeispiel werden, wie man als Stadt mit so einer Situation umgeht. Dass das gerade die Hohepriester des Kapitalismus nicht verstehen, zeigt, dass es eigentlich um etwas anderes geht: Gekränkte Befindlichkeit und die wirre Vorstellung, dass das Handeln des Staates allein schon fehlerhaft ist und nicht nur das Resultat. Da sind wir dann aber im Bereich von magischem Denken und religiösem Eifer. 

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    Kommentare 6 Kommentare
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  • Helmo
    14.08.2024
    Hackt´s nicht auf der AgendaAustria herum. Die haben es schwer genug in einem Land in dem vieles noch ziemlich gut funktioniert Kritik zu üben. Da muss man schon mal die menschlichen Regungen beiseite lassen und den einzig universell gültigen Wertmaßstab bemühen: Geld. Blöd nur, wenn sogar hier die Berechnungen nicht stimmen, weil man Marketing nur als Kosten und nicht als Investition sieht. By the Way: Es sind keine Kosten die unser Sozialsystem verursacht, es sind Investitionen, die es verlangt :-)
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    • Gertrude Czipke
      17.08.2024
      Sehr gut formuliert!
  • Citybergler
    13.08.2024
    Ich hatte letzte Woche zwei Nichten aus Köln bei uns, die ein Konzert besuchen wollten. Beide haben für ihre Tickets und die Reise gejobbt und waren ziemlich enttäuscht.. Dass sie dann in einer Riesenparty mit Gleichgesinnten gelandet sind, werden sie nie vergessen. Herr Schellhorn hat keine Ahnung vom Marketing einer Großstadt, gegessen. Aber er zeigt sich als empathieloser Mensch und Empathie gehört zum Menschsein erst dazu.
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  • Alec
    13.08.2024
    Perfekt auf den Punkt gebracht! „Üble Laune“ scheint ein Markenzeichen von Allen zu werden, die sich „rechts der Mitte“ definieren…
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  • frizzdog
    13.08.2024
    für sozioökonomisch rückwärtsgewandte neoliberale ist die bezeichnung "THINKtank" höchst unangebracht, überhaupt für dieses KURZ-ego-konstrukt auf staatskosten "ThinkAustria". zu viel der ehre.
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  • SPÖ Frauen Klosterneuburg
    13.08.2024
    Genialer Beitrag Danke. Es passt zum Bild der konservativen Strukturen: weitgehend phantasielos umd neidisch
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