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Gesundheit
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Kapitalismus

Trumps eugenische Gesundheitspolitiker: Was RFK Jr. und Dr. Oz gefährlich macht

Trumps eugenische Gesundheitspolitiker: Was RFK Jr. und Dr. Oz gefährlich macht
RFK Jr. und Donald Trump bei Kennedys Angelobung als Gesundheitsminister: Foto: White House / Public Domain
Dr. Mehmet Oz und Robert Kennedy sind die führenden Gesundheitspolitiker der US-Regierung unter Donald Trump. Beide sehen Krankheit vor allem als individuelles Versagen. Warum das gefährlich ist, kommentiert Natascha Strobl.

Oz ist studierter Arzt. Damit ist er immerhin in seiner formalen Bildung näher an der Materie als der Rechtsanwalt Kennedy. Beide eint ein Flair für den großen Auftritt und eine Liebe zum Rampenlicht. Oz wurde vor allem durch TV-Shows berühmt, Kennedy durch seine Familienzugehörigkeit – und unwissenschaftliche Aussagen zu allerlei Gesundheitsthemen. Sie sind also bestens geeignet für Positionen unter Präsident Trump.

Beide eint auch ein grundsätzliches Verständnis von Gesundheitspolitik. Gesundheit ist in ihrer Vorstellung vor allem eine individuelle Leistung, die erbracht werden muss. Dr. Oz drückt es so aus, dass Gesundheit “eine patriotische Pflicht” sei.

Es geht bei Gesundheit also darum, der Allgemeinheit nicht zu viel auf der Tasche zu liegen. Kennedy zeichnet diese Art der Rhetorik am Beispiel von autistischen Kindern weiter. Er beklagt die steigenden Zahlen von Austist:innen in der Gesellschaft und attestiert, dass diese Menschen nie arbeiten und nie Steuern zahlen werden. Auch hier steht klar die Last an der Gemeinschaft im Vordergrund.

Zumal die steigenden Zahlen wahrscheinlich gar nicht auf mehr Autist:innen in der Gesellschaft hindeuten, sondern auf bessere Screenings und Tests. Das verhält sich ähnlich wie mit Brustkrebs. Es ist nicht plötzlich so, dass viel mehr Frauen Brustkrebs bekommen. Vielmehr haben die flächendeckenden Mammografien dazu geführt, dass er früher und besser erkannt wird.

Das ist normalerweise eher eine gute Nachricht: Im Fall von Krebs kann schneller behandelt werden und die Überlebensraten steigen deutlich. Im Fall von Autismus gibt es Klarheit und Umgangsstrategien für Betroffene und ihre Familien bzw. (je nach Typus) Therapiemöglichkeiten. Das bedeutet wiederum, dass diese Menschen viel besser in ihr Leben finden, glücklicher und zufriedener, und, ja auch, produktive Mitglieder der Gesellschaft sind. Das waren viele Autist:innen auch zuvor, meist aber unerkannt und mit Leidensdruck.

Krankheiten ausrotten – ja bitte

Kennedy und Oz handeln nach dem Prinzip “Aus den Augen, aus dem Sinn”. Wenn Menschen einfach nicht diagnostiziert werden, dann existieren die Probleme nicht. Das ist gefährlich, vor allem für die Menschen selbst, aber auch als Leitlinie in der Gesundheitspolitik. Es suggeriert, eine Gesellschaft könnte von Krankheiten und psychischen Störungen und Erkrankungen gesäubert werden.

Ironischerweise stimmt das sogar für einige Krankheiten, nämlich für jene, gegen die es Impfungen gibt. Selbstverständlich spricht sich vor allem Kennedy gegen diese humane Art der Auslöschung von Krankheiten aus. Eine andere Möglichkeit, Krankheiten zu minimieren, wären Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit, Arbeitssicherheit und gegen Umwelt-/Klimaverschmutzung. Selbstverständlich lockert auch hier die Trump-Regierung ganz im Gegenteil sämtliche Regulierungen.

Drittens gibt es noch den Hauptfaktor für Krankheit: Armut. Je ärmer Menschen sind, desto kränker sind sie und desto früher sterben sie. Das hat etwas mit den Umständen zu tun, in denen sie wohnen und arbeiten. Das hat aber auch etwas mit Zeit- und Energieressourcen zu tun, die einen individuell gesunden Lebensstil beinhalten. Es hat auch damit zu tun, dass die ungesunde und schädliche US-Lebensmittelindustrie vor allem diese Menschen als Hauptzielgruppe betrachtet. Selbstverständlich tut die Trump-Regierung aber auch in dieser Frage praktisch alles, was man tun kann, um Armut zu vergrößern.

Dazu kommt noch das menschenverachtende System der privaten und profitorientierten Krankenversicherungen in den USA. Diese kosten mehr Geld, sind ineffizienter und stürzen Menschen in Armut und Krankheit, weil sie viele Leistungen nicht oder zu spät übernehmen, hohe Zusatzzahlungen haben und Menschen mit Vorerkrankungen ausschließen. Selbstverständlich wird dieses System von der Trump-Regierung genau so weiter gestützt.

Wenn alle politischen Hebel ignoriert oder sogar in die falsche Richtung geschoben werden, bleibt für Kennedy und Oz nur noch die individuelle Ebene: Menschen sollen einfach aufhören, krank zu sein. Und dann erzählt man: Wer das nicht schafft, hat individuell versagt. Der nächste Schritt ist vorhersehbar. Wer sich individuell so hängen lässt, hat die Unterstützung der Gemeinschaft auch nicht mehr verdient. 

Eugenisches Revival 

Dieses zynische Appellieren an “Eigenverantwortung” ist mit Corona im politischen Mainstream angekommen. Menschen sollten sich halt selbst schützen. Wer medizinische Studien nicht kennt, nicht selbst lesen und verstehen kann oder in Jobs mit viel Menschenkontakt arbeitet, der hat dann einfach Pech gehabt. Menschen mit Vorerkrankungen und alte Menschen wurden sowieso zum Kollateralschaden erklärt.

Genau in diese Kerbe schlägt nun die gesamte Gesundheitspolitik der USA. Menschen haben eine individuelle Pflicht an der Gemeinschaft gesund zu sein. Ihre Umstände zählen dabei nicht. Menschen, die verschiedene Krankheiten oder Störungen haben, werden als nicht wertvolle, weil unproduktive Mitglieder der Gemeinschaft gebrandmarkt.

Das ist nichts anderes als eugenisches Gedankengut. Eugenik im Kapitalismus misst sich an der Verwertung der Arbeitskraft. Wessen Arbeitskraft “zu wenig” ist, der wird aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Das ist unglaublich zynisch, inhuman und widerspricht jeder Vorstellung des solidarischen Zusammenlebens. Es ist auch die Basis für eine faschistische Gesellschaftsordnung, in der nur die “Stärksten” zählen und die „Schwachen“ ausgestoßen werden können.

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