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Arbeitswelt

Wie in Lokalen von Martin Ho mit Mitarbeiter:innen umgegangen wird

Wie in Lokalen von Martin Ho mit Mitarbeiter:innen umgegangen wird
Symbolbild: Wie steht es um die Arbeitsbedingungen in Lokalen von Martin Ho?
Seine Wiener Restaurants sind zu, die Clubs gibt es noch. Ex-Mitarbeiter:innen berichten von Arbeitsbedingungen in Lokalen von "Szene-Gastronom" Martin Ho. Sie erzählen von Demütigungen, Angstmacherei, Belästigung - und das Arbeitsrecht werde von nicht ausgestellten Verträgen bis hin zu 36-Stunden-Schichten missachtet.

Nun schließt es, das “DOTS” auf der Mariahilfer Straße. Es war das letzte Restaurant von Martin Ho in Wien. Grund dafür seien die fehlenden Mitarbeiter:innen, heißt es von der einen Seite. Aufgrund der ausstehenden Gehälter kündigen Mitarbeitende. Sie warten immer noch auf die Auszahlung ihrer Löhne. Ho selbst sieht das anders. Umbauarbeiten und Umzüge stünden hinter der Schließung. DOTS komme in Wien wieder, heißt es gegenüber Medien. Hos bekannte Szene-Clubs gibt es unterdessen weiterhin.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Lokale des auch durch enge Kontakte zu Sebastian Kurz bekannt gewordenen Gastronoms Ho wegen Problemen mit Arbeitnehmer:innen in die Schlagzeilen geraten. Bereits 2023 machte die Arbeiterkammer auf fragwürdige Vorgänge rund um die DOTS-Gruppe aufmerksam. Im März vertrat sie bereits 44 Arbeitnehmer:innen, die insgesamt 240.000 Euro an offenen Löhnen forderten. 

2022 kursierte sein Name in den Medien, da gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug bei der Kurzarbeit liefen. Daraufhin trat Ho offiziell als Geschäftsführer von mehreren Tochtergesellschaften zurück. (Die Ermittlungen wurden 2024 eingestellt.) Sein Glück sucht er nun auch in anderen Ländern. Heuer expandiert der Gastronom mit seiner Dots-Unternehmensgruppe bis nach Dubai – andere Großstädte sollen folgen.

Wie gehen Lokale von Martin Ho mit Mitarbeiter:innen um?

Doch hinter den Kulissen ereignen sich noch ganz andere Dinge als nur ausbleibende Zahlungen. Sieben ehemalige Arbeitnehmer:innen erzählen gegenüber MOMENT.at von ihren Erfahrungen in Hos Lokalen. Sie haben zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 2018 und 2023 in unterschiedlichen Ho-Lokalen in Wien gearbeitet.  

Ho hat sich in kurzer Zeit ein Gastronomie-Imperium in Österreich aufgebaut. Bereits mit 19 Jahren eröffnete er mit Unterstützung seiner Eltern sein erstes Lokal. Der mittlerweile 38-jährige Unternehmer entwickelte sich über die vergangenen Jahre zu einem Influencer, Veranstalter und wird oft als “Szene-Gastronom” bezeichnet. Seine Clubs, Bars und Restaurants werden von einflussreichen Personen besucht, mit denen Ho selbst Freundschaften pflegt.

Demütigungen im Arbeitsalltag 

Seine Klubs heißen: The Hidden Club, Pratersauna und X Club. Ein weiterer heißt VIEiPEE. Ein ehemaliger Bar-Mitarbeiter erzählt anhand eines Beispiels, wie es Mitarbeiter:innen dort geht: “Hos Vater entdeckte einen Fleck auf dem Boden und schrie erstmal durch den Raum, wer der verantwortliche Mitarbeiter sei. Daraufhin zwang er den verantwortlichen Mitarbeiter, vor allen Anwesenden auf die Knie zu gehen und den Fleck wegzuwischen. Er sah auf ihn herab und sagte irgendein abwertendes Zeug.”

Das hält laut dem etwa 30-jährigen ehemaligen Bar-Mitarbeiter des VIEiPEEs gut fest, wie Vorgesetzte mit Mitarbeiter:innen umgehen. Vor sechs Jahren arbeitete der Bar-Mitarbeiter für einige Monate neben seinem Studium im VIEiPEE. 

Diese Art und Weise, mit Mitarbeiter:innen umzugehen, scheint sich in den Jahren nicht geändert zu haben. Denn eine Anfang-20-jährige Bar-Mitarbeiterin des VIEiPEEs erlebte ein ähnliches Verhalten der Vorgesetzten. Sie arbeitete aber Jahre später für einige Monate dort.

In Stresssituation gefilmt und später vorgeführt

Sie berichtet vor allem, wie Club-Geschäftsführer Chris Edy mit Mitarbeiter:innen umging. Der habe sie etwa ohne ihr Einverständnis bei der Arbeit gefilmt: “Ich wurde bei einer Bar eingeteilt, wo wir eigentlich zu dritt hätten sein sollen und musste alleine alles vorbereiten und arbeiten. Anstatt mir zu helfen, hat mich Chris gefilmt, mir einen extremen Druck und Stress gemacht, mir gedroht, mich zu feuern, wenn ich nicht rechtzeitig bis zur Cluberöffnung fertig werde. Dann zeigte er das Video in einem Teammeeting und machte sich über meinen Stresszustand lustig.“ 

Sie habe mehrere Situationen mit und Schikanen durch Edy erlebt, welche die Arbeitsbedingungen um einiges verschlechterten: Mitarbeiter:innen durften während ihrer Schichten kein Wasser trinken, weil es laut Edy ein Shot sein könne. „Er hätte auch einfach am Glas riechen können, aber er leerte es in die Spüle“, erzählt sie. Laut ihr wurde man bei den kleinsten Fehlern angeschrien und es wurde immer alles in der WhatsApp-Gruppe des VIEiPEE Teams oder in Teammeetings angesprochen anstatt persönlich. 

Nach der Veröffentlichung des Artikels bezieht Edy Stellungnahme. Er weist die Anschuldigungen zurück. Er hätte den Mitarbeitenden sogar ausdrücklich dazu geraten, während den intensiven Einsätzen “genügend Wasser zu trinken, um ihre Gesundheit zu schützen”. Auch die Darstellung der Kommunikation im Team untergräbt laut ihm “die kollegiale Atmosphäre, die wir seit Jahren erfolgreich pflegen”. Laut ihm umfasse die tägliche Praxis “nicht nur regelmäßige Team-Meetings, sondern auch individuelle Feedback-Gespräche am Ende des Abends”. 

Mitarbeiter:innen öffentlich angeschrien

Fehler ansprechen und das Geschrei vor Anderen war aber laut Erfahrungsberichten der Beschäftigten eine Konstante in den Lokalen, wo die befragten Mitarbeiter:innen arbeiteten. Ein Commis (Aushilfe) erzählt von Martin Hos Verhalten gegenüber ihm. Er arbeitete für knapp ein Jahr im bereits insolvent gegangenen DOTS-Restaurant im The Leo Grand Hotel. Ende März 2024 zog sich das DOTS-Restaurant aus dem Hotel The Leo Grand zurück. „Ich hatte einen Fleck am Sakko. Daraufhin schrie mich Ho vor allen Gästen nieder. Das war extrem erniedrigend“, erzählt er. Laut ihm sei das nur ein Beispiel von Vielen, wo Ho „grundlos ausrastete“. 

Ein ehemaliger Mitarbeiter in Teamleiterfunktion, der einige Monate vor dem Commis im DOTS-Restaurant arbeitete, verglich das Verhalten von Chris Edy und Martin Ho. „Sie hatten beide diese respektlose Art mit Mitarbeiter:innen umzugehen. Sie begrüßten uns nicht und wenn sie mit uns sprachen, dann als wären wir der größte Dreck. Für uns waren sie ‚gut drauf‘, wenn sie wenigstens ‚Hallo‘ sagten.“ 

Dieses geschilderte Verhalten der Vorgesetzten gegenüber Mitarbeiter:innen war laut ihnen ein Punkt von vielen, der die Arbeitsbedingungen bei Martin Ho unerträglich machte.

„36-Stunden-Schichten“: Schuften ohne Pausen

Was nicht nur mental, sondern auch körperlich belastend war, waren aber die 16- bis 36-Stunden-Schichten. „Pausen? Was für Pausen?“, fängt der ehemalige Mitarbeiter an zu lachen. 

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist der Mittdreißiger in der Gastronomie tätig. Während der Pandemie arbeitete er für ein halbes Jahr im DOTS The Hidden Club. Er sei schon von den Arbeitsbedingungen in der Gastro abgehärtet. Die Schichten von 16 bis 36 Stunden Länge, die er für Martin Ho habe schuften müssen, werde er aber nicht vergessen.

Seine regulären Arbeitszeiten waren von 18:00 Uhr abends bis 6:00 Uhr morgens. Überstunden habe es immer gegeben. „Aufgrund von Personalmangel wurde ich im Anschluss meines Nachtdienstes dann nach oben ins DOTS Restaurant geschickt. Ich hatte zwischen 6:00 bis 9:00 “Pause”, weil beide Betriebe geschlossen waren. Trotzdem blieb ich vor Ort, weil es sich nicht auszahlte, nach Hause zu fahren. Dann war ich von 9:00 bis 18:00 im Restaurant – und dann wieder im Hidden bis 6:00. Das war die Hölle“, erzählt er wütend. Insgesamt arbeitete er 36 Stunden durch.

Kein Einzelfall

Außer einer Person berichten alle befragten Mitarbeiter:innen über Dienste von 16 bis 24 Stunden Länge ohne Pausen. „Ich hatte dadurch so einen Stress, dass ich angefangen habe, in meinem Schlaf zu reden. Das hatte ich davor nie gehabt“, erklärt eine ehemalige Mitarbeiterin des DOTS-Restaurants im The Leo Grand Hotel ihren mentalen Zustand zu der Zeit. 

In Österreich ist es gesetzlich geregelt, dass Arbeitnehmer:innen nach 6 Stunden eine halbe Stunde Pause machen müssen. Die Betroffenen erzählen, im System sei zwar die halbe, unbezahlte Stunde von den Manager:innen eingetragen worden, beanspruchen durften die befragten Mitarbeiter:innen sie aber nicht. Somit arbeiteten sie eine halbe Stunde kostenlos. 

80-Stunden Wochen

Auch 11 Stunden Ruhezeit zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende müssen gewährleistet sein und die Wochenarbeitszeit darf maximal 48 Stunden betragen. „Ich war für 40 Stunden mit 10 Stunden Überstundenpauschale angemeldet. Gearbeitet habe ich 80 Stunden die Woche“, erzählt der ehemalige Mitarbeiter in Teamleiterfunktion vom DOTS Restaurant im Hotel.

Auch auf die Ruhezeiten zwischen Arbeitsbeginn und -ende wurde laut den befragten Mitarbeiter:innen nicht geachtet. Trifft zu, was die zahlreichen ehemaligen Mitarbeiter:innen übereinstimmend schildern, wurde eindeutig gegen die Arbeitsrechte der Arbeitnehmer:innen verstoßen. Bei solchen Bedingungen fragt man sich, warum sich die Mitarbeiter:innen nicht aufhörten oder sich zumindest beschwerten. 

Mitarbeiter:innen fühlten sich eingeschüchtert

Viele hatten Angst vor den Vorgesetzten. Nach jedem Dienst habe der etwa 30-jährige Ex-Mitarbeiter in einem Hinterraum des VIEiPEEs erscheinen müssen. Laut ihm kam schon beim Eintreten ein unangenehmes und beängstigendes Gefühl auf. Denn vor ihm standen der kräftige Chris Edy und zwei weitere Männer. Die hätten von ihm verlangt, seine Kellnergeldbörse abzugeben.

Vor seinen Augen nahmen die Vorgesetzten laut ihm bei mehreren dieser Treffen sein Trinkgeld ab und steckten es für sich ein. Als er sich daraufhin beschwerte, sei ihm klargemacht worden, nicht nochmal nach seinem Trinkgeld zu fragen. Wie genau ihm das klargemacht worden sei, fällt dem Ex-Mitarbeiter schwer zu beschreiben. Er fasst es so zusammen: „Es wurde dafür gesorgt, dass man sich nicht ein zweites Mal beschwert.“ 

Edy weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass der Hinterraum “ein schlichtes Abrechnungsbüro ist, in dem die Einnahmen unserer Barkeeper gewissenhaft und unter Aufsicht abgerechnet werden”. Die Unterstellung, dass das Trinkgeld vom Service abgenommen wurde, sei laut ihm “eine Lüge, die ich in keiner Weise hinnehmen werde”. 

Vertrag eingefordert, Job verloren

Eine ehemalige Mitarbeiterin, die für kurze Zeit im DOTS-Lokal im The Leo Grand arbeitete, traute sich ebenfalls nachzufragen. Wochenlang wurde ihr ein Arbeitsvertrag versprochen, der immer bei Nachfrage mit einer Antwort „Ja, mache ich später“ abgewimmelt wurde.

Nach einiger Zeit wurde sie ungeduldig und fragte: „Wann kriege ich endlich meinen Arbeitsvertrag?“ Sie erinnert sich an die Reaktion: „Daraufhin hat mich der Manager niedergeschrien und komplett fertig gemacht. Was ich mich traue, so frech zu sein und und und. Ich stand nur im Schock da.“

Einige Wochen später wurde sie nach einem 12-Stunden-Dienst um 2:00 Uhr morgens darum gebeten, einen Vertrag zu unterschreiben. Der besagte aber, dass das Dienstverhältnis befristet und am nächsten Tag beendet sei. „Am nächsten Tag hatte ich keinen Job mehr.“ Sie ist eine der 44 Arbeitnehmer:innen, die momentan von der AK vertreten werden. 

Auch Angst im Team

Eine Hostess, die knapp ein Jahr in mehreren Betrieben von Martin Ho arbeitete, habe beobachtet, wie Chris Edy eine Bar-Mitarbeiterin aus dem Weg schubste. “In der hektischen Atmosphäre eines Nachtclubs kann es natürlich vorkommen, dass man eng aneinander vorbeigeht.”, so Edy. Das “absichtliche Schubsen” jedoch weist er “auf Schärfste” zurück. Vor Edy hätten alle am meisten Angst gehabt. Er sei dafür bekannt gewesen, Grenzen zu überschreiten. Sie bekam außerdem das Gefühl, dass den Manager:innen bewusst geraten worden sei, den Mitarbeiter:innen Angst zu machen.

Sie erlebte Kolleg:innen, die zu Manager:innen befördert wurden und ihr Verhalten ruckartig änderten. Die Kolleg:innen seien schroffer und unkollegialer geworden. „Es war schon auffällig, dass je netter der:die Manager:in war, desto früher hat er:sie gekündigt oder wurde gekündigt.“ 

Wer ist eigentlich Chris Edy?

Im Laufe der Recherchen von MOMENT.at erwähnen die Mitarbeiter:innen am häufigsten einen Namen: Chris Edy. Wie er sich gegenüber den Mitarbeiter:innen verhielt, blieb allen Befragten in Erinnerung. Zu der Zeit, in der die befragten Mitarbeiter:innen arbeiteten, war Edy in allen vier Lokalen tätig: im DOTS-Restaurant The Leo Grand Hotel, im The Hidden Club, im DOTS-Restaurant Mariahilferstraße und im VIEiPEE.

Laut den Mitarbeiter:innen dokumentierte, kontrollierte und überwachte er sie. Edy ist mehr als nur der Geschäftsführer von VIEiPEE: Er betreibt den Club PraterSauna und hat als Gesellschafter Anteile an DOTS Club GmbH (DOTS – The Hidden Club) und DOTS KB Gastronomie GmbH (Take Five Kitzbühel). Die befragten Mitarbeiter:innen schreiben ihm eine wesentliche Funktion in Martin Ho-Lokalen zu. 

„Achtung Polizei“

Laut der ehemaligen Hostess und VIEiPEE Mitarbeiterin war er auch zuständig für „Polizei-Briefings“. Sie schildert ein Beispiel. „ACHTUNG POLIZEI“ war eine Nachricht in WhatsApp-Gruppen. Das hieß, schleunigst alles, was keine Genehmigung hat, abzubauen und wegzuräumen. Das war immer einer der stressigsten Dienste für meine Kolleg:innen.“ Sie nennt als Beispiel das Zelt, das im VIEiPEE lange ohne Genehmigung stand. 2022 ist das Zelt nach einem nächtlichen Polizeieinsatz abgebaut worden.

Laut der VIEiPEE Bar-Mitarbeiterin wurde vor diesem Polizeieinsatz ein Team-Meeting mit circa 40 Mitarbeiter:innen einberufen. Dort wurde vorgegeben, was man sagen solle, wenn die Polizei kommt und wie man sich zu verhalten habe. „Uns wurde ein richtiger Druck und Angst gemacht, ja nichts Falsches zu sagen. Es wurde das Gefühl vermittelt, dass wir was falsch machen würden und nicht sie diejenigen sind, die im Unrecht sind“, erzählt sie. “Es war einfach alles sehr manipulativ.” 

Laut Edy seien die Darstellungen der Mitarbeitenden “eine grobe Verzerrung der Tatsachen”. Die Schulungen umfassen laut ihm den “Umgang mit Feuerlöschern, Chemikalien und die Vorbereitung auf mögliche Einsätze von Polizei oder Feuerwehr”. 

Manche Mitarbeiter:innen waren nicht angemeldet

Es gehe nämlich in dem Meeting um viel mehr als nur eine fehlende Genehmigung für ein Zelt, sondern auch darum, dass die meisten, die dort arbeiteten, nicht angemeldet seien. „Man weiß bei Ho nie, wer tatsächlich angemeldet ist und für wie viele Stunden“, so der ehemalige VIEiPEE Mitarbeiter. Von den sieben befragten Mitarbeiter:innen sagen nur vier, sie seien tatsächlich angemeldet gewesen – keiner davon für die richtige Stundenzahl. Zwei davon haben einen Vertrag unterschrieben. 

Der ehemalige Mitarbeiter von The Hidden Club, erinnert sich an eine skurrile Situation zurück: „Ho hatte alle unsere Handys eingesammelt und alle Chatverläufe, ob privat oder nicht, gelöscht.“ Was ihn genau dazu veranlasst habe, weiß er nicht mehr genau. The Hidden Club stand bereits öfters wegen Beschwerden der Anrainer:innen, Sondergenehmigungen und Verfahren in den Schlagzeilen. Ihm drohte die Schließung. Doch bis heute ist der Club noch in Betrieb.  

Sexualisierung und sexuelle Belästigung

Mitarbeiter:innen berichten MOMENT.at auch von Sexualisierung und sexuellen Belästigungen. Die WhatsApp-Gruppe der Hostessen hieß „DOTS Bunny Gang“. Des Öfteren wurde von den Mitarbeiterinnen darauf hingewiesen, dass es ihnen unangenehm sei und dass sie gerne die Gruppe umbenennen würden, so die Hostess. Diese Beschwerden seien ignoriert worden und der Gruppenname blieb bestehen. 

Eine Nachricht aus einer Messenger-Gruppe. Sie heißt "DOTS Bunngy Gang". Die Mitarbeiter:innen werden darin mit Kleidervorschriften versorgt und angehalten, sich zu schminken, als "ob ihr auf ein Date gehen würdet".

Eine Nachricht aus einer Messenger-Gruppe. Sie heißt „DOTS Bunny Gang“. Die Mitarbeiter:innen werden darin mit Kleidervorschriften versorgt und angehalten, sich zu schminken, als „ob ihr auf ein Date gehen würdet“.

Die „Arbeitsuniform“ war laut der Hostess hohe Schuhe, schwarze, eng anliegende Kleider, gelockte Haare, roter Lippenstift und viel Make Up (Zitat aus einer Nachricht: „ob ihr auf ein Date gehen würdet“).

Was laut ihr aber wirklich problematisch war, war der Umgang mit den Hostessen. Es fühlte sich für sie so an, dass das Verhalten der Manager sich gegenüber den Hostessen vor allem nach Aussehen richtete. „Die ‚Hässlicheren‘ wurden schlechter behandelt. Ihnen wurde oft mit der Kündigung gedroht und es wurde ihnen ständig das Gefühl vermittelt, was Schlechteres zu sein“, erzählt sie. 

Nach Gewichtszunahme nicht mehr beschäftigt

Laut ihr durften die Hostessen eine gewisse Gewichtsklasse nicht überschreiten. Jenen, denen versprochen wurde, dass sie nach der Pandemie wieder eingestellt werden, sei bei ein paar Kilo mehr keine Wiedereinstellung angeboten worden. Wenn es um Aussehen und Gewicht ging, war es laut ihr für die Hostessen vor allem im VIEiPEE besonders prekär: „Nur die nach ihnen kategorisierten Bestaussehenden durften im VIEiPEE als Hostess arbeiten. Was durchaus unfair war, weil man dort am besten verdiente.“ Die Sexualisierung von weiblichen Mitarbeiter:innen hätten vor allem die Hostessen zu spüren bekommen. 

Dieses Klima wirkt sich nicht nur auf Mitarbeiterinnen aus, sondern auch auf Kundinnen. Der ehemalige VIEiPEE-Mitarbeiter erzählt, ihm sei eingetrichtert worden, die weiblichen Gäste als “Häschen” zu bezeichnen und darauf zu achten, dass sie “gut versorgt werden”. Was das heißen hätte sollen, wolle er selber nicht genau wissen.

Nicht alle fühlten sich besonders gut behandelt. 2021 wurde ein Vorfall bekannt, als zwei Schwestern aufgrund ihrer Figur der Eintritt in den Club verwehrt worden sei.  In einer Stellungnahme verwies der Klub damals nur auf die Corona Maßnahmen. Später wollte man nichts davon wissen, dass diese Aussagen gefallen seien und meinte nur: „Die Aufgabe des Einlasspersonals besteht darin, die Sicherheit und das Wohlergehen der Gäste zu gewährleisten und auf einen ausgewogenen Gästemix zu achten.“

Verspätete oder keine Lohnauszahlungen

Die 44 von der AK vertretenen Arbeitnehmer:innen haben laut AK-Angaben ihre Löhne nicht korrekt ausgezahlt bekommen. Mitarbeiter:innen berichteten nach der Schließung des letzten DOTS-Lokals ebenfalls von monatelang ausstehenden Gehältern. Und auch die sieben von MOMENT.at befragten Mitarbeiter:innen berichten: Keine:r von ihnen sei anständig für die Arbeits- und Überstunden bezahlt worden. Fünf von ihnen sagen, sie wollten die Erfahrung so schnell wie möglich hinter sich lassen und sich nicht weiter damit beschäftigen.

Zwei Mitarbeiter:innen wendeten sich an die AK. Doch für sie war es schwer, nachzuweisen, wie viele Stunden sie tatsächlich gearbeitet hatten. Der Commis habe immer wieder um eine Bestätigung seiner Stundenanzahl gebeten. Nach einiger Zeit bekam er tatsächlich eine Bestätigung. Nur: Darauf sei eine falsche Stundenanzahl eingetragen worden und sogar Dienste, an denen er gar nicht gearbeitet hatte. „Es wurden ja auch die Stunden je nach Belieben der Manager:innen im System rumgeschoben. Man war ziemlich aufgeschmissen“, so der Commis. Laut den befragten Mitarbeiter:innen seien die Überstunden, wenn sie denn bezahlt worden sind, ohne Zuschläge verrechnet worden. Sie erhielten außerdem auch kein Urlaubsgeld, Feiertags- oder Nachtzuschläge. 

Warum in Lokalen von Martin Ho arbeiten? 

Warum man unter diese Bedingungen in diesen Lokalen arbeitet, hat unterschiedliche Motive. Die Befragten selbst haben eine österreichische Staatsbürgerschaft oder eine Arbeitserlaubnis, aber waren oder sind alle sehr jung. Manche hatten bis dahin kaum Arbeitserfahrung und demnach auch keinen Vergleich, wie es anders sein könnte. (Gerade in der Gastronomie sind schlechte Arbeitsbedingungen zudem keine Seltenheit.)

Laut den befragten Mitarbeiter:innen seien zudem andere Kolleg:innen noch stärker ausgenutzt worden: Die Ho-Lokale hätten auch Personen beschäftigt, die gar keine Arbeitserlaubnis hatten. Solche Menschen können sich die Jobs dann auch nicht frei aussuchen. „Wie Menschen teilweise ohne Arbeitserlaubnis dort manipuliert worden sind, ist eigentlich ein Wahnsinn, wenn ich jetzt so zurückdenke“, erzählt der ehemalige VIEiPEE Mitarbeiter. 

Der erfahrene Gastro-Mitarbeiter selbst sagt, er brauchte das Geld während der Pandemie. Laut ihm seien die Corona-Maßnahmen bzw. die Kurzarbeit in diesen Lokalen nicht beachtet worden. Dadurch konnte man mehr verdienen als in anderen Betrieben. 

Im Endeffekt zahlte es sich für ihn aber nicht mehr aus, da laut ihm das Trinkgeld großteils von den Manager:innen eingesteckt wurde und nur ein geringer Teil an ihn gelangte. Das Einstecken vom Trinkgeld durch Manager:innen ziehe sich laut den befragten Mitarbeiter:innen durch alle Betriebe. “Rückblickend versteht man diesen Machtmissbrauch und diese Ausbeutung, die da betrieben wurde“, so der ehemalige VIEiPEE Mitarbeiter. 

Kein Kommentar von Martin Ho

MOMENT.at hat mehrmals versucht, Ho und alle anderen im Text genannten Personen zu erreichen und zu Vorwürfen zu befragen, die sie betreffen könnten.

Hos Pressesprecher Alexander Khaelss-Khaelssberg ließ telefonisch auf Nachfrage ausrichten, dass man kein Interesse habe, unserem Medium zu antworten “oder die Vorwürfe zu kommentieren”.

Update 27.8. um 16:00

Der Artikel wurde nachträglich um die Stellungnahmen von Chris Edy erweitert, die uns erst nach der Veröffentlichung erreichte. Edy widerspricht darin allen Vorwürfen, die ihn betreffen. Über die an den passenden Stellen im Artikel eingefügten Stellungnahmen hinaus sagt er auch darin folgendes: 

“Seit fast einem Jahrzehnt setze ich mich mit ganzem Herzen für ein sicheres, faires und dennoch leistungsorientiertes Arbeitsumfeld ein. Die Darstellung, ich würde meine Mitarbeiter einschüchtern oder ein Klima der Angst schaffen, ist völlig haltlos und widerspricht allem, wofür ich stehe. Ich habe mir über Jahre hinweg den Respekt meiner Kollegen durch harte Arbeit und persönliche Integrität erarbeitet. Dass diese durch haltlose Anschuldigungen in Frage gestellt werden, erschüttert mich zutiefst. 

Mir ist nur allzu bewusst, dass ich angesichts der Vielzahl der Mitarbeiter, die ich mit bestem Wissen und Gewissen zu unterstützen versuchte, nicht jedem zu jeder Zeit gerecht werden konnte. Es mag sein, dass dadurch bei einigen ein Groll gegen mich entstanden ist, ein Groll, den ich nur allzu gut nachvollziehen kann. Doch eines möchte ich mit aller Deutlichkeit betonen: Niemals, zu keinem Zeitpunkt, lag meiner Handeln Böswilligkeit oder gar eine bewusste Absicht zugrunde.

Vieles von dem, was ich hier an Vorwürfen lese, ist offenbar von einem tiefen Groll durchzogen, der sich teils auf Gerüchte und Hörensagen stützt. Spekulationen und unbewiesene Behauptungen dürfen nicht dazu missbraucht werden, meinen Ruf zu zerstören, den ich mir in zehn Jahren harter, aber stets fairer Arbeit mühsam aufgebaut habe.”

 

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    Kommentare 1 Kommentar
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  • frizzdog
    27.08.2024
    beunruhigend, wie sich da bestimmte milieus treffen: HO, KURZ, EDY, Dubai,... das ist ja kein zufall. aber auch jene kunden, die sich von fragwürdigen milieus angezogen fühlen wie "Pratersauna", "VIEiPEE", "Häschen", etc.
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