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Arbeitswelt
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Post bietet Lieferando-Gekündigten neue Jobs an: Ein ernsthaftes Angebot?

Post bietet Lieferando-Gekündigten neue Jobs an: Ein ernsthaftes Angebot?
Von Lieferando zur Post? Das Zustellunternehmen macht gekündigten Ridern ein Angebot
Lieferando entlässt seine Angestellten. Die österreichische Post macht den Betroffenen ein Angebot, als Zusteller:in zu ihr zu wechseln. Können diese das wirklich?

Nachdem der Lieferdienst „Lieferando“ bekannt gab, alle angestellten Fahrer:innen zu entlassen, hat die österreichische Post diesen ein öffentliches Angebot gemacht. Das mehrheitlich in staatlicher Hand befindliche Unternehmen suche nämlich gerade  etwa 600 neue Zusteller:innen. Diesen stelle man eine fixe Anstellung und ein faires Gehalt in Aussicht.

Lieferando kündigt in der geplanten Umstellung auf „freie Dienstnehmer:innen“ in den kommenden Monaten 966 Menschen. Kritische Expert:innen sprechen bei dem neuen Modell von einem Abdrängen der Mitarbeiter:innen in die Scheinselbstständigkeit. Die Zahl setzt sich aus etwa 600 Menschen zusammen, deren Verträge gekündigt werden und anderen, deren befristete Verträge einfach nicht verlängert werden.

Wie viele Lieferando-Angestellte könnten wirklich zur Post?

Alle gekündigten Menschen könnten also schon rein von der Anzahl her ohnehin nicht bei der Post unterkommen. Darüber hinaus stellt sich natürlich die Frage, ob die Qualifikationen bei allen Betroffenen zum neuen Job passen. Viele Liefer-Fahrer:innen sind etwa noch nicht so lange in Österreich die Sprachqualifikationen für viele Jobs fehlen ihnen noch. Die Post will in ihrer Ausschreibung aber „gute Deutschkenntnisse“. In der Regel brauchen Post-Zusteller:innen auch einen B-Führerschein (in dieser Ausschreibung wird das als „von Vorteil“ bezeichnet).

Außerdem bleibt abzuwarten, wie viele neue Zusteller:innen die Post genau in jenen Gebieten sucht, wo die Lieferando-Beschäftigten leben und arbeiten. Lieferando agiert hauptsächlich in großen Städten, die Post sucht im ganzen Bundesgebiet und auch in ländlichen Bereichen nach Zusteller:innen.

Zumindest für manche Betroffene könnte das Angebot aber eine mögliche Alternative sein. Vielen könnte aber trotzdem wenig andere Wahl bleiben, als weiterhin zu deutlich schlechteren Bedingungen für Lieferando zu arbeiten. Die Politik ist gefragt, dieses Geschäftsmodell zu regulieren.

Wie viel kann man bei der Post als Zusteller:in verdienen?

Für die Post ist die Aktion vermutlich keine schlechte Werbung als Arbeitgeber und als Hinweis auf die Personalsuche. Sie bietet Zusteller:innen laut der an Lieferando-„Rider“ gerichteten aktuellen Ausschreibungen ein Vollzeit-Gehalt von durchschnittlich 2.300 Brutto (14 Mal) plus Essensbons. Das ist zwar ebenfalls unter dem mittleren Jahreseinkommen in Österreich, liegt aber rund 600 Euro über dem Kollektivvertrag, den Lieferando zuletzt zahlte.

Lieferando ist der österreichische Ableger des multinationalen Konzerns „Just Eats Takeaway“. Das Unternehmen ist Marktführer in dieser Branche. Auch die Hauptkonkurrenten Foodora und Wolt setzen bei ihren Mitarbeiter:innen auf prekäre Dienstverhältnisse. Anders als Lieferando haben sie in den vergangenen Jahren nicht einmal eine Umstellung auf regulär angstellte Mitarbeiter:innen versucht. Die Konzerne hebeln damit den ohnehin im Niedriglohn-Sektor angesiedelten Kollektivvertrag für Lieferbot:innen aus. Wie auch andere Angebot der Gig-Economy stehen die Lieferdienste schon seit langem für ihre schlechten Arbeitsbedingungen und niedrige Bezahlung in der Kritik.

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