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Klimakrise
Ungleichheit

7 von 10 Österreicher:innen wollen Privatjets verbieten. Fakten aus der Klimagerechtigkeits-Studie

7 von 10 Österreicher:innen wollen Privatjets verbieten. Fakten aus der Klimagerechtigkeits-Studie
Eine große Mehrheit der Bevölkerung ist für ein Verbot von Privatjets - über die Parteien und Einkommensschichten hinweg.
Privatjets verbieten und höhere Steuern für Klimasünder:innen: Die Menschen in Österreich sind sich relativ einig, wenn es um die Klimakrise und deren Bekämpfung geht. Und zwar über die Einkommensschichten und - fast - alle politischen Parteien hinweg. Unterschiede gibt es vor allem bei den Auswirkungen der Klimakrise. Ärmere, Arbeiter:innen und Frauen leiden stärker.

Fast drei Viertel der Menschen in Österreich finden es (sehr) wichtig, die Klimakrise zu bekämpfen. Das zeigt eine repräsentative Studie von FORESIGHT im Auftrag des Momentum Instituts. Dabei steigt die Zustimmung mit dem Einkommen.

Im obersten Einkommens-Drittel ist 8 von 10 Befragten (81 Prozent) die Bekämpfung der Klimakrise wichtig. Wohlhabende tragen aber auch mehr bei zur Verschärfung der Klimakrise. 

Im untersten Einkommens-Drittel sagen ebenfalls 6 von 10 Menschen (63 Prozent), die Bekämpfung sei wichtig. Das sind etwas weniger, obwohl die Klimakrise ärmere Menschen stärker bedroht. Die etwas niedrigere Zustimmung zu Klimaschutz könnte eine Folge davon sein, dass die Interessen ärmerer Menschen in der heutigen Politik in den Augen der Bevölkerung weniger berücksichtigt werden (siehe unten). 

Die Grafik zeigt, dass dem Großteil der Bevölkerung in Österreich Klimaschutz wichtig oder sehr wichtig ist (72 %). Im untersten Einkommens-Drittel sind es 63 %, im mittleren 75 % und im obersten 81 %.

7 von 10 Menschen finden es (sehr) wichtig, die Klimakrise zu bekämpfen.

Die Ungerechtigkeit der Krise ist den Befragten jedenfalls bewusst. 7 von 10 sagen, dass die Klimakrise diejenigen am stärksten trifft, die weniger haben. Etwa genauso viele wollen die Klimakrise bewältigen, weil es jungen Generationen gegenüber gerecht wäre. Klimagerechtigkeit ist den Österreicher:innen also ein Anliegen.

Die Grafik zeigt, die Mehrheit der Bevölkerung empfindet die Klimakrise als Frage der Gerechtigkeit. 68 % finden, dass die Klimakrise diejenigen am stärksten trifft, die wenig haben. 67 % finden wir sollten die Klimakrise wegen Gerechtigkeit gegenüber jungen Generationen bewältigen. 56 % sagen westliche Länder müssen beim Ausstieg aus fossilen Energien vorangehen. 49 % sagen Österreich macht bereits mehr gegen die Klimakrise als andere EU-Länder

Die Menschen in Österreich sind sich bewusst, dass die Klimakrise ungerecht ist.

Ärmere Menschen haben doppelt so oft Schlafprobleme wie reiche Menschen

Die Klimakrise führt bereits heute zu mehr Extremwetter-Ereignissen. Dazu gehören immer häufigere und heißere Hitzewellen. Das hat logischerweise merkbare Auswirkungen auf den Alltag von Menschen – aber sie sind nicht für alle Gruppen gleich schlimm.

Eine große Rolle spielt dabei das Geld. 64 von 100 Menschen im unteren Einkommens-Drittel berichten, dass sie durch die Folgen der Klimakrise unter Schlafproblemen leiden. Fast genauso viele (61 Prozent) bemerken eine geringere Leistungsfähigkeit. 48 Prozent haben Kreislaufprobleme, 39 Prozent machen Kopfschmerzen und Migräne zu schaffen.

Im oberen Einkommens-Drittel kommt all das während Hitzewellen auch bereits bedenklich oft vor, allerdings nur etwa halb so häufig. Ärmere Menschen trifft die Klimakrise also härter.

Die Grafik zeigt, dass Menschen mit niedrigem Einkommen öfter unter gesundheitlichen Folgen wie Kreislaufproblemen oder Schlafproblemen durch die Klimakrise leidet als reichere Menschen. Im obersten Einkommensdrittel leiden 8 % häufig unter Kreislaufproblemen, 17 % manchmal. Im mittleren sagen 9 % häufig und 21 % manchmal. Im untersten Drittel sagen 19 % häufig und 29 % manchmal.

Wer wie stark unter den Folgen der Klimakrise leidet hängt auch am Einkommen.

Frauen leiden stärker

Auch das Geschlecht spielt demnach eine Rolle – auch weil Frauen meist weniger Einkommen haben. Frauen leiden jedenfalls häufiger als Männer unter weniger Leistungsfähigkeit, Schlaf- und Kreislaufproblemen, Schweißausbrüchen und Übelkeit sowie Kopfschmerzen und Migräne.

Die Grafik zeigt, dass Frauen häufiger unter gesundheitlichen Belastungen durch die Klimakrise leiden als Männer. 62 % der Frauen klagen über geringere Leistungsfähigkeit, 47 % der Männer. 56 % der Frauen klagen über Schlafprobleme, 44 % der Männer. 44 % der Frauen haben Kreislaufprobleme, 23 % der Männer. 37 % der Frauen leiden an Übelkeit und Schweißausbrüchen, 22 % der Männer. 33 % der Frauen leiden an Kopfschmerzen und Migräne, 21 % der Männer.

Frauen leiden stärker unter Hitze als Männer.

Arbeiter:innen sind den Folgen der Klimakrise stärker ausgesetzt

Auch Beruf und Arbeitsort sind ein wichtiger Faktor. Etwa die Hälfte der Arbeiter:innen belastet die Hitze in ihrem Beruf. Die Gruppe der Angestellten, öffentlich Bediensteten und freien Dienstnehmer:innen beklagen das mit 38 Prozent seltener. Unter den Selbständigen sind es 36 Prozent.

 
 
 
 
 
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Auch direktem Sonnenlicht, Regen, Stürmen oder anderen Extremwettern sind Arbeiter:innen öfter ausgesetzt als die anderen Berufsgruppen.

Die Grafik zeigt, dass Beruf und Arbeitsplatz ebenfalls beeinflussen, wie stark Menschen unter der Klimakrise leiden. 51 % der Arbeiter:innen geben an, Hitze ausgesetzt zu sein, 38 % der Angestellten, öffentlich Bediensteten und freien Dienstnehmer:innen und nur 36 % der Selbständigen und Freiberufler:innen.

Auch Beruf und Arbeitsplatz beeinflussen, wie stark Menschen unter den Folgen der Klimakrise leiden.

Die größten Sorgen: Lebensmittelsicherheit und ein unbewohnbarer Planet 

Die Auswirkungen treffen also nicht alle gleich. Dennoch teilen alle Bevölkerungsschichten die größte Sorge. Drei Viertel (76 Prozent) befürchten, dass Lebensmittel teurer und schlechter verfügbar sein werden. 6 von 10 Befragten sorgen sich, dass Teile der Welt unbewohnbar werden. Wobei diese Sorge beim obersten Einkommens-Drittel höher ist (69 Prozent) als bei den unteren (62 Prozent beim mittleren und 56 Prozent beim untersten Einkommens-Drittel).

Die Grafik zeigt, dass die Lebensmittelsicherheit und höhere Preise für Lebensmittel die größte Sorge der Menschen in Österreich ist mit 76 % Zustimmung. Gefolgt davon, dass Teile der Welt unbewohnbar werden (61 %), Schäden am Eigentum durch Extremwetter (53 %), niedrigerer Lebensstandard (48 %) und schlechterer Gesundheitszustand (38 %).

Die größte Sorge der Menschen in Österreich ist, dass Lebensmittel teurer werden und schlechter verfügbar.

Etwa die Hälfte fürchtet um ihr Eigentum durch Extremwetterereignisse (53 Prozent). Diese Sorge ist im mittleren Einkommens-Drittel am höchsten (59 Prozent), gefolgt vom unteren (55 Prozent). Das oberste Einkommens-Drittel macht sich darüber die wenigsten Sorgen (50 Prozent). Die Tendenz erscheint logisch: Das untere Einkommens-Drittel hat kein bis wenig Eigentum, um das es sich sorgen kann. Das mittlere Einkommens-Drittel könnte das, was es hat, nach Katastrophen schwerer ersetzen.

Dass der Lebensstandard sinkt, belastet 48 Prozent. Wobei im untersten Einkommens-Drittel sich 58 Prozent Sorgen darüber machen, im mittleren 59 Prozent und nur 39 Prozent des obersten Drittels. Reichere Menschen glauben also offenbar eher, dass sich von den Folgen der Klimakrise ein Stück weit freikaufen zu können. 

Die Grafik zeigt, dass alle Einkommensgruppen sich am meisten Sorgen über die Lebensmittelsicherheit machen und alle Einkommensschichten fast gleich stark.

Die Klimasorgen betreffen alle ökonomischen Gruppen.

Mehr Klimaschutz – und zwar sozial gerecht

Wer muss mehr für Klimaschutz tun? Die kurze Antwort der Bevölkerung ist: alle. Wobei vielen klar zu sein scheint, dass die Klimakrise ein Problem ist, dass einzelne allein nicht lösen können. Rund zwei Drittel finden, Politik sowie Industrie und Wirtschaft tun nicht genug gegen die Klimakrise. Etwas mehr als die Hälfte sagt, auch die Bevölkerung müsste mehr tun. 

65 % der Befragten sagen, dass Industrie und Wirtschaft nicht genug gegen die Klimakrise tun. 67 % finden, die Politik tut nicht genug. 55 % sagen, die Bevölkerung tut nicht genug.

Politik, Industrie und Wirtschaft tun nicht genug gegen die Klimakrise, sagen die Menschen in Österreich. Auch die Bevölkerung muss mehr Verantwortung übernehmen.

Die Interessen von Wohlhabenden werden für mehr als ein Drittel der Befragten in der Klimapolitik zu stark berücksichtigt.

Etwa die Hälfte findet hingegen, dass Personen mit geringem Einkommen, Menschen mit gesundheitlichen Problemen, Kinder und ältere Menschen in der Klimapolitik zu wenig berücksichtigt werden.

Mehr als ein Drittel empfindet die Interessen wohlhabender Menschen als überrepräsentiert. Die von älteren, Kindern, der Mittelschicht und Menschen mit niedrigem Einkommen sowie Menschen mit gesundheitlichen Problem empfinden die meisten als unterrepräsentiert.

Mehr als ein Drittel empfindet die Interessen wohlhabender Menschen als überrepräsentiert.

7 von 10 Menschen wollen Privatjet-Flüge verbieten

Eine ziemlich große Übereinstimmung gibt es auch bei Maßnahmen gegen die Klimakrise. Knapp 7 von 10 Menschen stimmen zu, dass Privatjet-Flüge in der EU verboten werden sollen. Dabei findet das Verbot unter den Wähler:innen aller Parteien mehrheitlich Zustimmung. Diese besonders umweltschädliche Art zu reisen, können sich nur Reiche leisten.

6 von 10 Menschen wollen, dass klimaschädliches Verhalten höher besteuert wird. Klimafreundliche und Geld sparende Wohnungen sollten zum Standard werden. 57% finden, wenn fossile Heizungen nicht ausgetauscht werden oder die Wohnung thermisch nicht saniert ist, sollten Mieten niedriger werden. Ebenfalls eine knappe Mehrheit ist für ein Verbot von Kurzstreckenflügen unter 1.000 Kilometern. 

Die Mehrheit der Menschen ist für ein Verbot von Privatjet-Flügen auf EU-Ebene. Ebenfalls Mehrheiten gibt es für höhere Steuern für Klimasünder:innen, niedrigere Mieten bei Wohnraum ohne thermische Sanierung oder Heizungstausch auf erneuerbare Heizsysteme sowie ein Verbot von Kurzstreckenflügen.

7 von 10 Menschen wünschen sich ein Verbot von Privatjet-Flügen auf EU-Ebene.

Wenn Klimaschutz sozial gerecht ist, gibt es also mehr Zustimmung in der Bevölkerung dazu. 

Grün-Wähler:innen ist die Klimakrise am wichtigsten

Wichtig finden die Bekämpfung der Klimakrise übrigens viele Wähler:innen aller Parteien. 98 Prozent der Grün-Wähler:innen halten die Klimakrise und deren Bekämpfung für (sehr) wichtig. Bei den NEOS sind es 87 Prozent, SPÖ 84 Prozent, ÖVP 80 Prozent. Nur bei der FPÖ sind es mit 46 Prozent weniger als die Hälfte. 

Grün-Wähler:innen ist Klimaschutz am wichtigsten. 98 % stimmen dem zu. Auch bei den anderen Parteien sind Mehrheiten für die Bekämpfung der Klimakrise. Lediglich bei der FPÖ sind es mit 46 % weniger als die Hälfte.

Über fast alle Parteien hinweg gibt es Mehrheiten für die Bekämpfung der Klimakrise. Lediglich bei den FPÖ-Wähler:innen geben mit 46 % weniger als die Hälfte an, dass ihnen die Bekämpfung der Klimakrise wichtig ist.

Wie geht sozial gerechter Klimaschutz?

Klimaschutz ist also der Mehrheit der Gesellschaft wichtig – über die Einkommensschichten hinweg und über fast alle Parteien hinweg. Darauf sollte die Politik hören, fordert das Momentum Institut und empfiehlt:

Endlich ein Klimaschutzgesetz zu beschließen. Das fehlt seit mehr als drei Jahren. Vulnerable Gruppen sollten bei der Klimapolitik stärker berücksichtigt und weniger Wert auf die Interessen der Wohlhabenden gelegt werden.

Außerdem brauche es Klimaschutzmaßnahmen für diejenigen, die am meisten unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden – also für Ärmere, Arbeiter:innen und Frauen. Eine Maßnahme wäre etwa das Recht auf Hitzefrei für Arbeiter:innen im Freien bei voller Entgeltfortzahlung. Weiters sollen Frauen bei der Gestaltung und Umsetzung von Klimapolitik gleichberechtigt beteiligt sein.

Maßnahmen umsetzen, die die Mehrheit will – wie Privatjets und Kurzstreckenflüge verbieten. Höhere Steuern, wenn mehr CO₂ verursacht wird. Wobei höhere Steuern allein nicht ausreichten, sagen die Ökonom:innen. Wer es sich leisten kann, kann damit weiter die Umwelt zerstören. Es brauche deswegen einen Maßnahmen-Mix. Als Beispiel wird eine Energiegrundsicherung genannt. Dabei soll der Grundbedarf an Energie für alle Menschen zumindest sehr günstig oder gar gratis sein. Verschwenderischer Überverbrauch soll teurer werden. Obergrenzen könnten helfen, den Überverbrauch einzuschränken.

Steuerprivilegien der Flugbranche müssten beendet werden. Bei transnationalen Flügen gibt es aktuell keine Mehrwertsteuer. Steuereinnahmen auf Flugreisen könnten in den Ausbau öffentlicher und klimafreundlicher Verkehrsmittel investiert werden, schlagen die Expert:innen vor.

Die Energiewende vorantreiben, indem fossile Heizungen in öffentlichen Gebäuden ausgetauscht werden. Außerdem sollen die Mieten niedriger werden, wenn Vermieter:innen selbst keine Maßnahmen für die Energiewende setzen. Wenn also fossile Heizungen nicht ausgetauscht werden beziehungsweise Wohnraum nicht thermisch saniert und damit möglichst energiesparend ist. Damit unterstütze man auch die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Sie wohnt meistens in Miete und hat kein Mitbestimmungsrecht über das Heizsystem. Mieter:innen tragen allerdings die hohen Heizkosten der fossilen Heizungen. Außerdem sollen fossile Energieträger nicht mehr gefördert werden.

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    Kommentare 1 Kommentar
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  • frizzdog
    28.06.2024
    man wünscht sich also mehr LOGIK in der POLITIK, doch vorsicht: ist das aber nicht auch die leitlinie der LIBERTÄREN, die POLITIK knallhart durch LOGIK ersetzen?
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