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Elon Musks Abstieg zum rechtsextremen Kulturkämpfer

Elon Musks Abstieg zum rechtsextremen Kulturkämpfer
Elon Musk ist einer der reichsten Menschen der Welt. Und mittlerweile gehört er zu den gefährlichsten. Noch vor einigen Jahren galt er als exzentrisches Genie, das die Menschheit voranbringen könnte. Mittlerweile ist Musk in rechtsextreme Verschwörungen abgedriftet. Er erreicht damit Millionen Menschen.

Elon Musk erklärt seine Tochter für tot, weil sie trans ist. Elon Musk möchte Donald Trumps Wahlkampf monatlich mit 45 Millionen Dollar unterstützen. Nach dem erfolgreichen Start von Kamala Harris’ Kampagne dementiert er das plötzlich. Elon Musk bedient antisemitische Verschwörungsmythen und bezeichnet Kamala Harris als Marionette von George Soros und dessen Sohn.

Es ist eine durchschnittliche Woche im Leben von Elon Musk.

Bei den meisten anderen Menschen könnte man solche Ausfälle bestenfalls ignorieren. Doch mit Musk steht ein geschätzter 245 Milliarden Dollar schwerer Elefant im Raum: Er gilt als reichster Mensch der Welt. Und Musk besitzt eine der größten Social-Media-Plattformen. Dementsprechend schwer wiegt sein Wort.

Musks Geld und Reichweite bedeuten Einfluss. Auf seine Millionenspende reagierte Trump etwa mit den Worten “Elon Musk gibt mir 45 Millionen Dollar im Monat[…]Wir müssen das Leben für intelligente Menschen wie ihn besser machen.”

Gründe genug, sich genauer anzusehen, welches Weltbild Musk vertritt.

Elon Musk und das Geheimnis der Smaragdmine

Geschäftstüchtigkeit kann man Musk kaum absprechen. Seine ersten Millionen machte er mit Web-Firmen, etwa dem Vorgänger des Online-Zahlungsdienstes PayPal. 2002 gründete er das Weltraumunternehmen “SpaceX”, das seit 2008 mit der NASA zusammenarbeitet.

Seinen Start ins Geschäftsleben erleichtert hat die Tatsache, dass Musk in eine wohlhabende Familie geboren wurde. Das Vermögen seines Vaters stammte zum großen Teil aus der Ausbeutung einer Smaragdmine – was Musk bis heute leugnet. Entgegen der Aussagen seines Vaters, der seine Geschäfte so beschreibt: “Keiner besaß irgendetwas. Das Geschäft wurde per Handschlag zu einer Zeit abgeschlossen, als in Sambia keine Regeln herrschten.”

Bekanntheit erlangte Musk vor allem durch den Aufstieg des E-Auto-Herstellers Tesla, dessen CEO er bis heute ist. Gegründet hat er ihn jedoch nicht, wie ihm gerne zugeschrieben wird. Tesla wurde 2003 gegründet, Musk stieg 2004 mit ein. Seit 2008 ist er CEO des Unternehmens, nachdem er einen der Gründer aus dem Unternehmen gedrängt hatte.

Nichtsdestotrotz führte er dieses und andere seiner Unternehmen zu großem finanziellem Erfolg. Zwar nicht ohne Skandale – wie wir noch erfahren werden. Trotzdem wurde und wird er dafür von vielen verehrt. Er galt als exzentrisches Genie. Doch genau dieses Bild löst sich langsam auf. Dahinter kommt immer mehr ein wirres Bild von Ausbeutung, kruder Verschwörungsmythen und rechter Weltanschauungen zum Vorschein.

Elon Musk und der Kampf gegen Gewerkschaften

Elon Musk hasst Gewerkschaften. Er stimme mit dem Konzept von Gewerkschaften nicht überein. Er könne nichts leiden, das ein Adel-Pöbel-Ding verursache, erklärte Musk bei einem seiner Auftritte. Was genau er damit meint, weiß wohl nur Musk selbst. Dass der reichste Mensch der Welt die Möglichkeit von Arbeiter:innen zur Selbstorganisation als abgehoben darstellt, sprengt den Ironie-Rahmen.

Musk kämpft in seinen Unternehmen wenig überraschend gegen die Gründung von Gewerkschaften. So ausführlich, dass dazu ein eigener Wikipedia-Eintrag existiert. Tesla sei demnach der einzige Autohersteller der USA, dessen Mitarbeiter:innen nicht von einer Gewerkschaft vertreten werden. Um das weiterhin so zu belassen, droht Musk schonmal indirekt damit, dass organisierte Tesla-Mitarbeiter:innen ihre Firmenanteile verlieren. Auch dieser Tweet hat für Gerichtsverfahren gesorgt.

Er will die US-Behörden, die für die Aufsicht von Arbeitsrecht zuständig sind, empfindlich schwächen. Dafür ist Musk vor Gericht gezogen. Er kann es sich leisten – und wird dafür auch von anderen Milliardären unterstützt. Zumindest in Schweden beißt sich Musk dabei dank der Solidarität unter den nordischen Ländern noch die Zähne aus.

Elon Musk und das gefährliche Twitter-Spielzeug

Twitter galt lange Zeit als eine der einflussreichsten Social-Media-Plattformen. Nicht so sehr wegen der Anzahl der Nutzer:innen. Sondern weil sich dort Entscheidungsträger:innen tummelten und man Informationen als Erstes oder exklusiv erhalten hat. 

2022 hat Musk Twitter um 44 Milliarden Dollar gekauft – am Ende wohl nicht ganz freiwillig. Nach seiner Kauf-Ankündigung fiel der Börsenwert von Twitter stark ab, Musk hatte aber bereits ein Angebot abgegeben.

Die Übernahme führte zu Chaos. Mittlerweile wurden 80 Prozent der Twitter-Angestellten entlassen. Moderation gibt es kaum noch. Hasserfüllte Postings, die gegen Richtlinien verstoßen, werden selten gelöscht. Die Anzahl antisemitischer Tweets hat sich in kurzer Zeit verdoppelt, Twitter gilt laut einer Untersuchung als Plattform mit den meisten antisemitischen Inhalten.

Für Musk fällt das alles unter Meinungsfreiheit. Schließlich macht er selbst auch fleißig mit. Er hat auch dafür gesorgt, dass Accounts entsperrt wurden, die wegen ihrer Hass-Postings gesperrt waren. Darunter etwa Andrew Tate, vor dessen Radikalisierungsmaschine mittlerweile sogar die britische Polizei warnt.

Darüber zu berichten entspricht wiederum nicht ganz Musks Verständnis von Meinungsfreiheit: Nachdem die US-Menschenrechtsorganisation ADL den steigenden Antisemitismus auf Twitter kritisiert hatte, drohte Musk mit einer Klage.

Musk hat sich mit Twitter ein privates Spielzeug geleistet und nach seinem Verständnis umgebaut. Das kann man leider nicht ignorieren, denn: Hassbotschaften und Falschinformationen bekommen so eine größere Plattform und viel mehr Reichweite, als sie haben sollten.

Elon Musk und die politische Mitte

Wo steht Elon Musk politisch? Er sieht sich selbst als Zentrist. Nicht links, nicht rechts. Er habe seine politischen Ansichten in den vergangenen Jahren nicht verändert. Doch die Linke sei einfach viel zu links geworden. Wenig beschreibt Musk besser als dieser Cartoon, den er selbst geteilt hat:

Ein Comic, den Elon Musk gewtweetet hat. Es geht um die Entwicklung der politischen Entwicklungen von Linken und Rechten über die vergangenen Jahre

Nicht links, nicht rechts. Einfach Elon.

Sieht man sich Musks politische Aussagen der letzten Jahre an, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, er hat sich sehr wohl nach rechts bewegt. Oder er ist immer schon sehr weit rechts gestanden. Denn nicht einmal im ohnehin rechtslastigen politischen Spektrum der US-Politik gehen seine Ansichten als zentristisch durch. Weggefährten haben sich laut einiger Aussagen auch über Musks politische Radikalisierung besorgt gezeigt.

In den USA hat Musk bisher an beide Parteien gespendet – je nachdem, wessen Politik besser für sein Geschäft war. Seit 2017 hat Musk allerdings siebenmal mehr viel für die Republikanische als für die Demokratische Partei gespendet und hat während Donald Trumps Regierungszeit zwei Positionen in Beratergremien angenommen.

Über Joe Biden hat sich Musk bis zuletzt lustig gemacht und mit einer angeblichen Spende an Donald Trump für Aufsehen gesorgt. Der hat sich bei Musk direkt bedankt und ihm in Aussicht gestellt, sein Leben besser zu machen. Kurz darauf bezeichnete Musk die Nachricht über seine Spende allerdings als Gerücht. Wohl nicht zuletzt deswegen, weil die Kampagne von Kamala Harris so stark angelaufen ist.

Musk gab sich nach der Episode betont neutral. Das hindert ihn nicht daran, weiter Falschinformation zu verbreiten. Etwa mit einem Deepfake-Video, in dem Kamala Harris scheinbare Gründe gibt, warum sie tatsächlich Kandidatin wurde. Darin werden einige Verschwörungen aufgezählt, die Musk selbst gerne von sich gibt. Das Video hatte bisher 110 Millionen Aufrufe. 

Elon Musk und der Rechtsextremismus

Musk bedient viele Themen, die typische Verschwörungsmythen sind. Er scheint beispielsweise besessen davon, dass es “die Wahrheit” gebe, die man nicht aussprechen dürfe. Was er regelmäßig vor Millionen Menschen kundtut.

Ein Tweet von Elon Musk: "The legacy media are just propaganda puppets. x has the truth"

Auch die “Mainstream-Medien” wären schon längst davon betroffen und würden über vieles gar nicht mehr berichten. Er warnt immer wieder vor möglicher Tyrannei und sieht seinen Kampf für Redefreiheit als Kampf für zukünftige Generationen. Während er vor linken Redeverboten warnt, verbietet die republikanische Partei in immer mehr Staaten Bücher, die ihrem Weltbild nicht entsprechen.

Oft spricht er vom vermeintlichen “Woke Mind Virus” – ohne genau zu sagen, was damit gemeint ist. Im Dezember 2023 war Musk auf einer Veranstaltung der rechtsextremen “Fratelli d’Italia” von Giorgia Meloni. Dort hat er davor gewarnt, das Virus nicht nach Europa zu transportieren – es würde nämlich zu einem “konstruierten mentalen Bürgerkrieg” führen. Gleichzeitig hat er dort Angst vor Migration geschürt, vor “Multikulti” gewarnt und zur Verteidigung nationaler Identitäten aufgerufen. Alles ganz klassische Bausteine für rechtsextreme Erzählungen.

Elon Musk und der Antisemitismus

Elon Musk ist “jüdisch durch Assoziierung”, wie er selbst sagt. Er habe so viele jüdische Freunde. Da könne er doch gar nicht antisemitisch sein.

Es ist eine Aussage, die zum Klischee geworden ist. Wer viele Schwarze Menschen kennt, kann doch gar nicht rassistisch sein. Wer mit Frauen befreundet ist, kann doch gar nicht sexistisch sein. Die Realität sieht natürlich anders aus.

2023 sorgte Musk für einen Skandal: Er stimmte einem Kommentar zu, der den Verschwörungsmythos vom “Großen Austausch” auf Jüd:innen umlegt. Sie seien selbst für Antisemitismus im Westen verantwortlich, weil sie so viele Menschen aus anderen Ländern zu uns geholt hätten. Musks Antwort darauf: “Du hast die tatsächliche Wahrheit gesagt”

Ein Tweet von Elon Musk: "You have said the actual truth"

Als Reaktion auf das Posting stellten viele Unternehmen die Werbung auf Twitter ein. Musk besuchte als Buße das ehemalige KZ Auschwitz. Er zeigte sich tief bewegt.

Jetzt hat er erneut eine antisemitische Verschwörung geteilt. Alexander Soros, Sohn des Milliardärs George Soros, hat auf Twitter bekannt gegeben, im US-Wahlkampf Kamala Harris zu unterstützen. Musk bedankte sich daraufhin bei ihm, dass er klargemacht habe, wer die nächste Marionette sein würde. Ein jüdischer Unternehmer, der hinter der Bühne die Fäden zieht? Diesen antisemitischen Stereotyp kennen wir bereits.

Vorwürfe gegen George Soros sind das Brot und Butter antisemitischer Verschwörungsmythen. Für Musk sind sie kein neues Terrain: Er attackiert Soros immer wieder. So hat er ihm vorgeworfen, dass Soros die Struktur der Zivilisation zerstören wolle. “Soros hasst die Menschheit”, so Musk. Der Investor würde auch hinter den Unternehmen stecken, die den Werbestopp wegen Musks Antisemitismus verordnet hatten.

Dass er antisemitisch sei, weist Musk vehement von sich. Allerdings finden sich auf seiner Plattform die meisten antisemitischen Inhalte im Vergleich zu anderen sozialen Netzwerken. Musk selbst interagiert immer wieder mit extrem antisemitischen Accounts auf seiner Plattform. Eine umfangreiche Aufzählung findest du hier.

Vergangene Woche hat Musk den US-Demokraten einen immer offeneren, radikalen Antisemitismus unterstellt. Nur: Wer immer wieder selbst antisemitische Verschwörungen teilt und befürwortet, sollte wohl nicht mit Steinen werfen. Hello, Captain Obvious here!

Ein Tweet von Elon Musk, in dem er die Demokratische Partei bezichtigt, immer antisemitischer zu werden

Elon Musk und die Abneigung von trans Menschen

Trans Menschen machen einen geringen Anteil der Bevölkerung aus. Und doch stehen sie häufig im Mittelpunkt rechter Diskussionen. Es ist ein Kulturkampf, der Ängste schüren soll. Es ist ein altes Spiel: Menschen, die nicht der Norm entsprechen, werden als Gefahr dargestellt.

Elon Musk macht da gerne mit und äußert seine Abneigung ganz offen – auch gegen seine eigene Tochter. Er wiederholt immer wieder die Verschwörung, dass Mediziner:innen Jugendliche dazu drängen würden, geschlechtsangleichende Operationen durchzuführen. Muskt forderte: Wer trans Jugendliche medizinisch unterstützt, solle ins Gefängnis.

Er hat dafür gesorgt, dass “Deadnaming” gegen trans Menschen nicht mehr gegen die Richtlinien verstößt. Während Twitter eine Plattform war, auf der sich trans Menschen wohlfühlen konnten, ist sie es unter Musks Herrschaft das nicht mehr.

Das alles hat auch persönliche Gründe. Elon Musk hat eine trans Tochter, Vivian Jenna Wilson. Sie hat sich schon lange von Musk distanziert und einen anderen Namen angenommen. Sie wolle in keinster Art und Weise mehr mit ihrem Vater in Verbindung gebracht werden, gab sie vor Gericht an.

Kürzlich hat Musk in einem Gespräch mit Jordan Peterson – der ebenfalls regelmäßig gegen trans Menschen hetzt – über sie gesprochen. Für ihn sei sie “tot”, der “Woke Mind Virus” habe sie erwischt. Wilsons Reaktion: In einem Post deckt sie Musks Lügen auf und fasst seinen Charakter so zusammen: “Er ist verzweifelt auf der Suche nach Aufmerksamkeit und Bestätigung durch eine Armee von degenerierten Incels, die ihm diese gerne geben.”

Beitrag von @vivllainous

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Elon Musk und die Gefahr für uns alle

“Er entscheidet sich für ein Leben in einem Fantasieland mit falschen Vorstellungen”, formuliert es der Psychologe Jay Van Bavel. Elon Musk ist ein Mensch mit buchstäblich unvorstellbar viel Geld, unglaublich viel Einfluss auf Politik und die Nachrichten, die uns täglich über Twitter oder andere Wege erreichen. Damit besitzt Musk unglaublich viel Macht. Eine Macht, die in den Händen eines Menschen liegt, der an rechtsextreme Verschwörungsmythen glaubt. Und somit eine Gefahr für offene Gesellschaften ist.

 

 

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    Kommentare 2 Kommentare
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  • Jan
    11.08.2024
    Warum ist das ein Abstieg? Wollt Ihr damit Eure Position, Eure Meinung über die anderer stellen? Wollt Ihr damit zum Ausdruck bringen, dass Eure Position die bessere ist? Eure Position ist eine andere, mehr nicht!
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    • Sebastian Panny
      13.08.2024
      Wir erlauben uns, menschenfeindliche Positionen tatsächlich als weniger wünschenswert zu sehen, ja. LG Sebastian