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Ungleichheit

Diskriminierung: Wo sich queere Menschen in Österreich unsicher fühlen

Diskriminierung: Wo sich queere Menschen in Österreich unsicher fühlen
Können queere Menschen in Österreich ihre Queerness offen leben? Foto: Symbolbild/ Pexels
Sexuelle Minderheiten werden in der EU häufiger angegriffen und belästigt als noch vor fünf Jahren. Das zeigt eine aktuelle Studie der EU-Grundrechtsagentur. Wir haben unsere Community gefragt, ob sie sich in Österreich offen queer zeigen können.

Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa haben an einer Befragung teilgenommen, mit der die Lage von LGBTQIA+-Personen in der EU erhoben wurde. Das Ergebnis zeigt: Es gibt viel zu tun, damit sie sich im Alltag sicherer fühlen können. Im Vergleich zur vorherigen Studie vor fünf Jahren haben mehr queere Menschen Hass und Gewalt erlebt. 

Bis heute werden in Österreich direkt aber keine umfassenden Daten zu Hass und Gewalt gegen Personen aus der Community erhoben. Bis 2019 wurde Gewalt, die sich offen gegen diskriminierte Minderheiten richtet, in Österreich behördlich überhaupt nicht als solche dokumentiert. Damit hinkte Österreich lange Zeit sogar den völker- und europarechtlichen Vorgaben hinterher. Die immer noch schlechte Datenlage macht Opfer in Österreich weiterhin oft unsichtbar. Wir wollen ihre Stimmen nicht ungehört lassen. Hier ein Auszug der Erfahrungen, die wir auf unseren Aufruf hin erhalten haben.

Gewalt im öffentlichen Raum 

Ausgrenzung aufgrund von Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung sind in Österreich strukturelle Probleme. Sie ziehen sich durch alle Lebensbereiche. Im öffentlichen Raum werden Menschen täglich mit Gewalt konfrontiert. Diese Diskriminierung hat ernsthafte Auswirkungen auf die Sicherheit der betroffenen Personen.

“Als sichtbar queere Person habe ich jedes Mal aufs Neue Angst, einer Gruppe Männern oder Burschen zu begegnen. In der Gruppe fühlen sie sich immer sicherer mit Übergriffen. Meistens wechsle ich die Straßenseite.”

Das passiert queeren Menschen aus Österreich auch, wenn sie reisen. Sie müssen darüber nachdenken, wo sie sich ganz normal zeigen können.

“Beim Reisen mit meiner Partnerin überlege ich immer 3x, ob wir als Paar auftreten können oder nicht. Und trotzdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass obwohl wir offensichtlich als Paar unterwegs waren, wir die ganze Zeit als enge „hetero Freundinnen“ gelesen werden. Aus Sicherheitsgründen ist das manchmal praktisch. Zumindest werden wir dadurch nicht fetischisiert. Trotzdem fühlt es sich sehr erniedrigend an, nicht als das gesehen zu werden, was wir sind: ein glückliches Paar.”

Angst den Job oder die Wohnung zu verlieren

Menschen aus der LGBTQIA+ Community erleben in vielen Lebensbereichen Diskriminierung, Gewalt, Ausgrenzung und Stigmatisierung. Auch im Beruf und beim Wohnen. 

“Ich bin seit zwei Jahren Volksschullehrerin. Ich habe nur 10 Minuten zu Fuß von der Schule gelebt. Viele Schüler:innen lebten in meiner Nähe. Aussagen wie ‘Meine Mama sagt, Schwule müssen sterben’, sind einer der Gründe, warum ich mich an meinem Wohnort unsicher fühle. Ich bin mit einer Frau verheiratet und habe Angst von den Eltern der Schüler:innen gesehen zu werden. Vor kurzem sind wir umgezogen, weil ich gerne mal Händchen haltend um den Block spazieren möchte, ohne Angst zu haben, dass Eltern mich sehen und ich dann ‘Konsequenzen’ tragen müsste.”

Menschen erzählen uns sogar von Angst, die bis in den privaten Raum hinein reicht.

“Eine Nachbarin fragte mich mal, ob ich einen privaten ‘Schwulenclub’ in unserer Wohnung betreibe. Ich lebe seit fünf Jahren mit meinem Freund zusammen. An Geburtstagen laden wir gern Freund:innen aus der Community zum Brunchen ein. Wir haben Angst, dass sich das im Haus ‘rumspricht’”. 

Einschränkungen bei Kleidung 

Um Anfeindungen auf zu entgehen, passen sich Betroffene oft dem heterosexuellen Mainstream an. Vor allem in öffentlichen Räumen. 

“Wenn ich mich als männliche gelesene Person „weiblicher“ kleide, ziehe ich in der Öffentlichkeit böse Blicke auf mich. Auch Kommentare oder Beleidigungen fallen regelmäßig. Dadurch hat sich bei mir eine ziemliche Angst eingestellt, wenn ich in Öffis unterwegs bin.”

Ähnliches berichtet auch eine andere Person:“Zuhause stelle ich mir ein Outfit zusammen und fühl’ mich extrem wohl darin. Doch sobald ich durch die Haustür gehe, habe ich Angst. Angst vor Blicken, Kommentaren und Beleidigungen von Menschen auf der Straße, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Es sollte kein Problem sein auszusehen wie man will, unabhängig von der Geschlechtsidentität!”

Das muss sich ändern

Die Probleme mit Ausgrenzung und Diskriminierung haben Struktur in unserer Gesellschaft – und betreffen alle Menschen, denen Vorurteile entgegengebracht werden. Je sichtbarer die queere Community wird, desto mehr Hass und Vorurteile bekommt sie ab. Wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, dass sich alle Menschen bei uns sicher fühlen.

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