Die Kronen Zeitung gegengelesen: Einen Mord spielt man nicht herunter, er ist IMMER schockierend
Dieser aktuelle Artikel in der „Krone“ strotzt vor Verharmlosung und fragwürdigen Botschaften. Welche Fehler vor allem Boulevardmedien bei der Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen machen, haben wir uns bereits in einem früheren Artikel genauer angesehen.
Schritt für Schritt
Ob der Täter Österreicher ist oder sich irgendwo in seinem Stammbaum ausländische Wurzeln finden lassen, hat mit der berichtenswerten Tat soweit man das sehen kann nichts zu tun und tut eigentlich nichts zur Sache. Dass die Krone es aber noch reinbringt, dass er zwar Österreicher (aber gar kein so richtig echter) ist, ist ein Spiel mit dem Vorurteil. Dazu kommt, dass die Information offenbar auf dem Hörensagen irgendeines anonymen Nachbarn beruht. Endgültig sinnlos wird sie dadurch, dass „Nordafrika“ ein Gebiet ist, das flächenmäßig größer als die Europäische Union ist. Je nach Definition liegen darauf 7 bis 14 völlig unterschiedliche Länder. Was sagt uns diese Zuschreibung also eigentlich?
Die Frau hat nach einem Streit die Polizei gerufen. Die und das Krankenhaus haben sie dann aber offenbar wieder allein nach Hause geschickt, obwohl sie von häuslicher Gewalt betroffen war. Hier hätte es Opferschutz gebraucht, damit der Frau nichts passiert.
Warum hat es diesen Opferschutz nicht gegeben? Wie könnte das in Zukunft anders sein? Dass es hier systematische Verfehlungen geben könnte, wird im Artikel aber nicht thematisiert. Dabei fordern ExpertInnen und Opferorganisationen vom Journalismus seit langer Zeit ein, solche Zusammenhänge aufzuzeigen. Stattdessen steht die Einzeltat wieder einmal im Mittelpunkt und sorgt nur für reißerische Schlagzeilen.
Im Artikel erfahren wir auch noch, dass das Mordopfer angeblich zu viel getrunken hat. Diese „Info“ ist ziemlich sicher unerheblich, aber darüber hinaus auch zumindest pietätlos. Die Frau ist und bleibt ein Opfer häuslicher Gewalt. Ob sie an irgendeinem anderen Zeitpunkt betrunken oder nüchtern war, sogar ob sie es zum Zeitpunkt der Tat war, tut nichts zur Sache.
„Im Haus der Toten ist man über die Bluttat jedenfalls nicht sonderlich schockiert“, meint die Krone zum Abschluss. Mit diesem Kommentar spielt die Krone den Mord herunter. Was die Kronen Zeitung hier macht, ist eine Normalisierung der Tat. Als wäre es ein logisches Ereignis, dass der Mord passiert ist. Aber: Ein Mord ist IMMER schockierend. Und niemand hat ihn sich verdient.
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