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Mit Wahlempfehlungen sollte man zurückhaltend sein, vor allem dann, wenn man selbst nicht wählen darf. Doch noch nie hing so viel von einer einzigen Wahl ab, wie dieses Mal in Deutschland. Deutschland, auch als größtes Land der EU, ist die wichtigste verbliebene Demokratie, nachdem die USA von der extremen Rechten übernommen wurden und es einen Coup gegen die eigene Verwaltung gibt. Noch nie war es so entscheidend, dass ein Land nicht nach rechts umkippt.
Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass die USA gekippt sind und man nun alle Hoffnung auf Deutschland setzen muss. Es ist überhaupt bitter, dass man auf irgendein Land in dieser Deutlichkeit setzen muss. Doch, um aus diesem Dominoeffekt des Grauens wieder herauszukommen, muss irgendein Stein zumindest vorerst stehen bleiben.
Deutschland braucht nach diesem Wahlsonntag eine Regierung, die ohne die extreme Rechte auskommt und die sich auch nicht von ihr abhängig macht. Das hat konkrete innenpolitische Gründe. (Wobei andere Parteien kein Problem haben, die Forderungen der extremen Rechten zumindest teilweise umzusetzen.)
Das hat aber vor allem außenpolitische Gründe. Die Zange aus Russland und der USA versucht jede demokratische und solidarische Regung umzuwalzen. Kulturkämpfe und Aufregerproduktion überdecken dabei die konkreten materiellen Interessen – etwa den Griff nach Rohstoffen (etwa in Rumänien oder Grönland).
Zudem sind die extrem rechten Parteien Europa ganz offen mit ihren ausländischen Gegenparts in Russland und den USA im Bunde. Man hofft, durch Intervention von außen in den souveränen Ländern Europas Regierungswechsel erzwingen zu können. Genau das, was sie anderen meist haltlos vorwerfen, vollziehen sie ganz offensichtlich selbst. Elon Musk als reichster Mann der Welt glaubt, mächtiger als die Demokratie zu sein. Die deutsche Wahl muss ihm das Gegenteil beweisen.
Eine künftige deutsche Regierung (wie jede demokratische Regierung in Europa) muss aber auch verstehen, dass es kein “weiter wie bisher” geben darf. Neoliberalismus, angepinselt mit ein wenig progressiver Gesellschaftspolitik, ist ein Auslaufmodell, das für die meisten Menschen sowieso nie funktioniert hat. Will man eine demokratische Gesellschaft absichern, so verändert man die Bedingungen, die Rechtsextremismus (und so nebenbei bemerkt andere Radikalisierungen) erst möglich machen.
Jede künftige Regierung muss den Alltag für die Bevölkerung angenehmer und einfacher machen und ihn nicht mit noch mehr Druck und Angst aufladen. Die Daseinsvorsorge muss den Spielen autoritärer bis faschistischer Oligarch:innen entzogen werden, die Rechte von Arbeitnehmer:innen müssen gestärkt werden, Minderheiten und Frauen dürfen nicht weiter konsequenzlos durch die Sozialen Medien gejagt werden.
Ich darf natürlich nicht entscheiden. Mir bleibt nur, ein Aufruf. Es liegt nun an jedem und jeder Einzelnen der deutschen Wähler:innen, im eigenen Ermessen so realistisch wie möglich für dieses Szenario zu wählen. Das bedeutet natürlich, nicht die extreme Rechte zu wählen. Aber wählt auch keine Partei, die die Bedingungen für sie erst schafft. Es bedeutet auch, jedenfalls diesmal so zu wählen, dass die eigene Stimme eine Rolle spielt, echte Auswirkungen hat und nicht eher schöngeistig verpufft.
Noch nie waren so viele Menschen, die bei dieser Wahl nicht wählen durften, vom Ergebnis dieser Wahl so abhängig.