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Demokratie

Wenn der faschistische Mob regiert – am Beispiel Englands

Wenn der faschistische Mob regiert – am Beispiel Englands
In England kommt es nach einer Messerattacke auf Mädchen zu Unruhen. Rechte antworten auf den Terror mit Terror. Warum das nicht geht, analysiert Natascha Strobl. Foto: Justin Tallis / AFP / picturedesk.com
Vor wenigen Tagen ist in Nordengland ein unvorstellbares Verbrechen geschehen: drei Mädchen wurden während eines Sommerprogramms brutal ermordet. Sie waren bei einem Taylor Swift-Tanzworkshop, als ein junger Mann hinein stürmte und mit einem Messer um sich stach. Noch immer sind Kinder und Erwachsene im Spital. Doch darüber reden wir nicht mehr. Denn ein faschistischer Mob instrumentalisiert die Morde für Ausschreitungen in England und macht dabei die Mädchen und ihre Familien noch einmal zu Opfern.

Nach der Tat verbreitete sich schnell das Gerücht, dass es sich beim Mörder um einen Asylwerber handle. Das stimmt nicht. Es ist ein Mann aus Cardiff, der einige Jahre zuvor nach Southport kam. Er wurde in Großbritannien geboren. Er ist also Brite mit der Sozialisation eines britischen Teenagers. 

Das passte aber nicht ins Bild, also wurde schnell der Migrationshintergrund der Eltern als Gewaltgrund gefunden. Das ist so rassistisch wie falsch. Unterstellt wird, dass der Täter Muslim ist. In der rassistischen Rechnung ist Migrationshintergrund und/oder schwarze Hautfarbe gleich Muslim und gleich ”anders”. 

Die Eltern des Täters kommen aber aus Ruanda, einem zu über 90 Prozent christlichen Land. Natürlich könnte der Täter trotzdem Muslim sein oder eine islamistiische Gesinnung haben, es ist nur sehr unplausibel und es gibt 0 Hinweise darauf. 

Ausschreitungen in England: Terror mit Terror bekämpfen

Plausibilität und Fakten interessieren aber den faschistischen Mob nicht. Vielmehr wird die Gelegenheit genutzt, um selbst Terror zu verbreiten. Bei den aktuellen Ausschreitungen in England trifft dieser ganze Nachbarschaften. Bibliotheken, Food Banks, Community Center, Lebensmittelgeschäfte und alles dazwischen wird geplündert und in Brand gesetzt. Menschen auf der Straße werden belästigt und bedroht. Kinder trauen sich nicht mehr zum Fußballtraining aus Angst vor dem Mob. Das ist Terror.

Initiiert wird dieser Terror von rechtsextremen und faschistischen Gruppen. Ikone dieser Szene ist Tommy Robinson, der dank Elon Musk wieder auf Twitter hetzen darf, der aus dem Sommerurlaub das Geschehen anfeuert. Diese Gewalt hat mit dem ursprünglichen Fall nichts mehr zu tun. 

Flüchtlingsunterkünfte werden angegriffen. Auch hier gibt es eine diskursive Vorarbeit. Der Rechtspopulist Nigel Farage hat diese Unterkünfte, oft Hotels, in Videos “aufgedeckt” und so quasi eine Landkarte dieser Unterkünfte erstellt. Flüchtlinge haben aber nichts mit den schrecklichen Morden zu tun, auch Migration generell hat es nicht. Diese Verbindung besteht nicht. Sie wird aber hergeleitet, um der eigenen Gewalt Legitimation zu geben. Schließlich sei es ja quasi nur Notwehr. Damit werden die Mädchen aber ein weiteres Mal zu Opfern gemacht.

Frauenfeindlicher Terror

Denn neben all dem offensichtlichen Terror und dem Schaden, der hier angerichtet wird, wird nicht mehr über die Morde und die Hintergründe berichtet. Wie kann es sein, dass ein 17-Jähriger gezielt einen Taylor Swift-Tanzworkshop ansteuert, der sich an Kinder zwischen 6 und 11 richtet, um zu morden? Die plausible Antwort ergibt sich, wenn man überlegt, wer die Zielgruppe eines solchen Programms ist: Mädchen. Es ist Gewalt gegen Mädchen, mit der wir es hier zu tun haben. Es ist trauriger Höhepunkt einer langen Kette an frauenfeindlicher Gewalt in Großbritannien. 

Dementsprechend wäre es auch an der Zeit, hier eine Terror-Definition zu ergänzen. Die englische Polizei war schnell, als sie den Terrorverdacht ausgeschlossen hat. Aber wie nennt man es, wenn eine bestimmte, vulnerable Bevölkerungsgruppe gezielt attackiert wird? Kinder und vor allem Mädchen (und auch Frauen), sind eine vulnerable und unterdrückte Gruppe. Es würde sich lohnen, hier methodisch vorzugehen sowie präventiv und in der Sanktionierung anzusetzen. Denn der Terror der Faschisten darf nicht die vorhandenen Fakten mit gefühlten Wahrheiten ersetzen. 

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    Kommentare 1 Kommentar
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  • frizzdog
    06.08.2024
    ...hatten wir nicht die exakt gleiche "erfolgsstory" der radaufaschisten schon in den 30er-jahren?? wie oft muss sich geschichte wiederholen, bis die menschen kapieren? merke: Hitler wurde tatsächlich GEWÄHLT!
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